ist es nicht einmal mehr ein Staat, sondern nur noch ein Ver-
waltungebezirk. Nach dem Verfassungsentwurf, den die
Landesversammlung zu beraten hat, ist kein Staatsoberhaupt
vorgesehen. Auch alle sonstigen Kennzeichen der Souveräni-
tät fehlen. Man will also nicht nur das „alte“ Preußen, son-
dern Preußen überhaupt begraben, ohne daß wir dafür die
Gewißheit eintauschen, daß ein starkes Deutschland wieder-
geboren wird.
Man mochte den preusischen Landtag früher einseitig
nennen oder reaktionär oder sonst etwas, so konnte man ihm
doch eins nicht abstreiten: er hatte Charakter. Er war preußisch.
Er batte Erdgeruch. Er war in allen Vorzügen und in allen
Fehlern ein Abbild des Landes, aus dessen geschichtlicher Ent-
wicklung er bervorgegangen war. „Wir können nicht wie
Kapitalisten den Staub von unseren Füßen schütteln und
anderswo hinziehen, wir können auch nicht wie Beamte
dem Staate sagen: gib uns unser Gehalt, ganz gleich, wie es
dir geht; wir sind materiell, gleichsam mit allen Fafern, fest
verwachsen mit dem Vaterlande!“ sagte schon 1860 der Boizen-
burger Arnim im Herrenhause. Heute ist es anders. Man
brauchte kein Preuße zu sein, sondern nur in Preußen zu
wohnen, um am 26. Januar dieses Jahres wählen zu können.
Das Wahlrecht war daeselbe wie zur deutschen National-
versammlung. Und da Preußen über vier Siebentel Oeutsch-
lands umfaßt, ist auch die Physiognomie der preußischen
Landesversammlung dieselbe. Auf den Regierungsbänken
siteenn namenlose Minister, die nur die Mitgliedskarte der so-
zialdemokratischen Partei vorweisen und sich „auf das Recht
der Revolution“ berufen können, — das Gottesgnadentum
ist beseitigt, eine Obrigkeit von Maschinengewehrs Gnaden
regiert. Genau dasselbe fanden wir Anfang Februar in Wei-
mar vor. Im Parterre aber sitzt dieselbe rot-rötliche, sozial-
demokratisch-demokratische Mehrheit, die gerade damit be-
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