174 Neues Bündniß zwischen Österreich und Preußen. 1853
Aufrechthaltung aller Rechte und Privilegien der Bekenner
des griechisch-russischen Cultus im türkischen Reiche zusagten: so
daß fortan bei jeder wirklichen oder angeblichen Verletzung
der Zar die Befugniß zu praktischem Einschreiten gehabt hätte.
Es leuchtet ein, daß dies gleichbedeutend mit dem Untergang
der türkischen Selbstständigkeit, mit dem Tode des „kranken
Mannes“ gewesen wäre. Dem Divan also war nur die
Wahl zwischen freiwilliger Unterwerfung oder der Vernichtung
durch das russische Schwert gelassen.
Aber auch hier kam Hochmuth vor dem Fall. Dem
siegesgewissen Zaren war eine lange Reihe bitterer Ent-
täuschungen auf allen Seiten bestimmt.
Zunächst gelangte der Divan zu dem Entschlusse, daß
ein Ende mit Schrecken rühmlicher sei, als ein Schrecken ohne
Ende. Das russische Ultimatum wurde abgelehnt. Nikolaus
antwortete darauf, indem er die Moldau und die Walachei
durch seine Truppen besetzen ließ, nicht in kriegerischer Ab-
sicht, wie er erklärte, sondern um ein materielles Pfand für
die Erfüllung seiner berechtigten Forderungen zu ergreifen.
Es war sein zweiter, schwererer Irrthum. Er, der bis
dahin Europa nach seinem Willen gelenkt hatte, rief jetzt
selbst den Widerspruch Europas gegen sein Thun hervor.
Seit dem Beginn der Verwicklung hatte Napoleon, so
eben auf den Kaiserthron erhoben, und in dieser Zeit vor-
trefflich berathen, in der russischen Überhebung für sich die
Möglichkeit großer Erfolge wahrgenommen. Durch berechnete
Nachgiebigkeit in der Frage der heiligen Stätten hatte er
das rücksichtslose Vorgehen des Gegners ermuthigt, bei
Mentschikoff's Auftreten aber, welches den Bruch unvermeidlich
machte, sofort eine französische Flotte in die griechischen