Full text: Die Begründung des Deutschen Reiches durch Wilhelm I. Zweiter Band. (2)

372 Deutsche Reformfragen. 1860 
und seiner Unterschrift versehen, zurück, indem er zu jener 
Ablehnung eines formellen Vertrags bemerkte, der Wille und 
das Wort des Prinzen hätten für ihn denselben Werth wie 
ein officieller Vertrag. 
Er kam dann auch nicht unbefriedigt aus Teplitz zurück. 
Hatte er kein bindendes Versprechen preußischer Hülfe bei 
einem französischen Angriff erhalten, so war ihm doch 
kein Zweifel geblieben, daß der Prinz-Regent nach seiner 
eigenen Gesinnung in einem solchen Falle nicht unthätig 
zusehen würde. Ich bin sicher, sagte er gleich nachher dem 
Könige von Sachsen, daß ich nicht zum zweiten Male im 
Stiche gelassen werde. 
Indessen wurde das Wetter in der europäischen Politik 
immer düsterer und stürmischer. Wo Garibaldi erschien, lösten 
die neapolitanischen Heertheile sich fast ohne Kampf auf, liefen 
auseinander oder traten zu ihm über. Am 7. September 
zog er triumphirend unter dem Jubel der Bevölkerung in der 
Hauptstadt Neapel ein, und verkündete jetzt die Absicht, zunächst 
Rom und darauf Venetien zu befreien, und dann erst das 
gecinte Italien dem König Victor Emanuel huldigen zu lassen. 
Das wäre also ein Angriff auf die französische Besatzung in 
Rom, und wenn es wider alles verständige Erwarten gelänge, 
darauf ein Krieg des revolutionären Italien gegen Osterreich 
gewesen. Nimmermehr konnte Cavour diesen Wahnsinn zu- 
lassen. Es gab nur ein Mittel: man mußte selbst in Italiens 
Namen vorgchen, den östlichen Theil des Kirchenstaats zwischen 
der Emilia und Neapel besetzen, von dort das sardinische 
Heer nach Neapel vorschieben und unter sanfter Beseitigung, 
Garibaldi's auf der Stelle die Herrschaft Victor Emanuel's 
über beide Sicilien ausrufen. Das war der einzige Weg,
	        
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