8 Der italienische Septembervertrag. 1864
Minghetti kaum ein erhebliches Portefeuille besaßen, sich des-
halb in allen wichtigen Verwaltungsfragen zurückgesetzt, und
namentlich durch einen Gesetzentwurf über Ausgleichung der
Grundsteuer mit einer bedeutenden Mehrbelastung bedroht
sahen. Sie, die einstigen Schüler Cavour's, vereinten sich
jetzt im Parlamente mit der äußersten Linken zu einer ge-
schlossenen Opposition gegen das Ministerium, worauf Min-
ghetti ihnen den Vorwurf entgegen schleuderte, daß sie die
Partei dem Vaterlande und das Municipium der Nation vor-
zögen, und seinerseits die Frage der Verlegung der Haupt-
stadt ernstlich in das Auge zu fassen begann. Genug, die
Lage war so widerwärtig wie möglich; das Ministerium
meinte, um seine Existenz zu retten, irgend eines raschen und
auffälligen Erfolgs zu bedürfen, und da Drouyn de Lhuys
bei wiederholten Ansätzen Nigra's in seinem Schweigen ver-
harrte, sandte Minghetti im Mai 1864 den Marchese Pepoli
nach Paris, um unmittelbar bei dem Kaiser die römische
Frage wieder in Fluß zu bringen.
Wie wir wissen, hatte der klägliche Ausgang des pol-
nischen Abenteuers die napoleonische Politik in eine neue,
oder, wenn man lieber will, zurück in die alte Richtung ge-
drängt. Der aufgefrischte Haß gegen Osterreich kam, wie in
Deutschland dem preußischen, so in Italien dem Turiner
Cabinet zu Gute; je weniger Napoleon selbst noch einmal
cinen großen Krieg zu führen wünschte, desto einladender
war ihm die Vorstellung, durch jene beiden Mächte Osterreich
bedrängen zu lassen, um dann im gegebenen Augenblick als
entscheidender Schiedsrichter zwischen die Streitenden zu treten.
Dazu bedurfte es im Norden der Alpen eines gründlichen
Bruches der preußisch-österreichischen Allianz, und zu diesem