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satze zur Demokratie irgend denkbar, dass die Existenz des Staates
als solchen unberührt bliebe von dem Wegfalle des nicht sofort durch
ein gleichwerthes ersetzten Subjektes, welches als persönlicher Träger
der Staatsgewalt erscheint. Denn in der Demokratie würde ja ein
solches Verschwinden des Inhabers der Staatsgewalt, weil dieser
identisch ist mit der gesammten Masse der Staatsbürger, zugleich, da
kein Staat ohne Volk sein kann, den Verlust eines nothwendigen
Substrates des Staates überhaupt, also den Untergang des Staates be-
deuten. !)
Es wird deshalb im Folgenden lediglich auf die allein in Frage
kommende Verfassungsform der Einherrschaft Rücksicht genommen,
nur das Interregnum in der Monarchie zum Gegenstande der
Darstellung gemacht werden.
III. Die Entstehung eines Interregnums ist nun auf verschie-
dene Weise möglich.
1. Denkbar ist es, dass die Verfassung der Monarchie von vorn-
herein nieht nur die Möglichkeit, sondern die Nothwendigkeit
eines Interregnums ins Auge fasst, dass sie die Reihenfolge der per-
sönlichen Inhaber der Staatsgewalt bewusst und absichtlich durch
einen Zwischenraum ohne ein solches gleichwerthes Subjekt getrennt
sein lassen will. Das ist stets der Fall in der Wahlmonarchie.
So in den germanischen Wahlfürstenthümern, so wesentlich im ehe-
maligen deutschen Reiche, so früher in denjenigen geistlichen Fürsten-
thümern, in denen Bischof oder Abt durch die Wahl des Kapitels
zugleich die staatliche Stellung eines Landesherrn erhielten, im Kirchen-
staate, im alten Königreiche Polen, theilweise in Schweden, Norwegen,
Ungarn und den Donaufürstenthümern. Da wir heute in Europa
ausser in dem nicht souveränen Bulgarien keine Wahlmonarchie mehr
kennen, so ercheint der Fall des Interregnums im Wahlreiche für
das heutige Recht weniger vom praktischen, als vom historischen
Standpunkte aus wichtig. Immerhin wird sich für die theoretische
Darstellung ein näheres Eingehen auf die Wahlmonarchie als uner-
lässlich herausstellen.
2. Ist das Interregnum nothwendig in der Wahlmonarchie, so
ist es möglich in allen Monarchien. Es wird in all den Fällen
eintreten müssen, in denen der Herrscher wegfällt, ohne dass sogleich
im Augenblicke dieses Wegfalles ein Subjekt vorhanden ist, welches
1) Uebereinstimmend Bo1sJoLIn a. a. O. Anderer Meinung sind natürlich
die Schriftsteller, die dem Begriffe des Interregnums die schon zurückgewiesene
weite Ausdehnung geben. Vgl. oben S. 3.