Full text: Das Interregnum.

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lution oder Usurpation. Man wäre geneigt, hier ein Interregnum etwa 
bis zu dem Zeitpunkte anzunehmen, in dem der entsetzte Herrscher 
durch ein neues Subjekt der Staatsgewalt ersetzt ist. Eine solche 
Annahme wäre irrig. Entweder nämlich verbindet sich mit der ge- 
waltsamen Absetzung des legitimen Herrschers zugleich ein durch 
die Macht der Ereignisse hervorgerufener Verzicht — dann ist aber 
das Interregnum nicht die Folge der Thronentsetzung, sondern des 
Verzichts. Dabei ist jedoch ausserdem zu beachten, dass ein solcher 
Verzicht nur für den Verzichtenden selbst wirksam ist, nicht für die 
hinter ihm stehenden Successionsberechtigten, selbst wenn der Ver- 
zicht des Throninhabers sich ausdrücklich auf diese mit erstreckte, es 
müsste denn eine solche Ausdehnung verfassungsgesetzlich als Thron- 
folgeänderung sanktionirt werden.') Wird aber von Seiten des deposse- 
dirten Monarchen ein Verzicht nicht gegeben, dann wirkt die Revo- 
lution oder Usurpation durchaus nicht einen Wegfall des Inhabers der 
Staatsgewalt als solchen. Das ist rechtlich ganz unmöglich und hiesse 
in Wahrheit Macht vor Recht gehen lassen.?) Revolution und Usurpation 
lassen den Herrscher rechtlich seiner Monarchenstellung nicht verlustig 
gehen, sondern verhindern ihn widerrechtlich an der Ausübung 
der ihm rechtlich zustehenden Staatsgewalt. Man braucht gar nicht 
ein Verfechter starrer legitimistischer Ideen zu sein, um zu diesem 
Resultate zu gelangen. Im Gegentheile, man kann sehr wohl zugeben, 
dass die widerrechtliche Verhinderung des Monarchen an der Aus- 
übung seiner Gewalt durch Dauer oder Intensität so starke Wirkung 
üben kann, dass schliesslich wirklich an Stelle des früheren Staats- 
gewaltsubjektes ein neues treten mag’); aber es ist dann eben erst 
\ 1) S. BLUNTSCHLI, Allg. Staatsrecht (6. Aufl.) S. 160f.; v. GERBER, Grundzüge 
(3. Aufl.) S. 99. (& 32); G. Meyer, Staatsrecht (3. Aufl.) S. 224; SEYDEL, bayr. 
Staatsrecht I. S. 409f. 
2) Vgl. BLuntscauı, Allg. Staatslehre (6. Aufl.) S. 335 f. 
3) Dies scheint mir die richtige Auffassung des rechtlichen Vorgangs bei 
der sog. Legitimation der illegitimen Staatsgewalt zu sein. Ohne sich irgendwie 
einer privatrechtlich operirenden Verjährungstheorie an die Seite zu stellen und 
mit ihr die Erfordernisse privatrechtlicher Verjährung auch für die publicistische 
Legitimation in Anspruch zu nehmen, entspringt sie doch wie jene dem Gedanken, 
dass die Zeit eine Macht ist, welcher selbst Rechte nicht widerstehen können, 
eine Macht, welche eine Thatsache zu einem Rechte, ein thatsächliches zu einem 
Rechtsverhältnisse machen kann. (Im Wesentlichen übereinstimmend, wenn auch, 
wie m. E. undurchführbar und unzulässig, genauere Erfordernisse der Legitimation, 
binsichtlich ihrer Dauer aufstellend, BLuntscauı, Allg. Staatsrecht, S. 20 ff., insbes. 
S. 29. 8.189. Vgl. auch GiErke in der Zeitschr. f. die ges. Staatswissensch. XXX. 
8.183). Wie dies die strenge Legitimitätstheorie verkannt oder geleugnet hat, 
 
	        
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