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gebietes oder eines Theiles desselben gesetzt hat.!) Der Zustand des
also occupirten Staates oder Staatsgebietstheiles unterscheidet sich
aber wesentlich von dem, den wir hier als Interregnum darstellen.
Denn die Gewalt dieses Staates wird während einer solchen kriege-
rischen Occupation allerdings in Rücksicht auf das occupirte Gebiet
suspendirt, hört aber darum nicht auf, rechtlich demselben Subjekte
zuzustehen, wie bisher,, wenn auch dieses an der Ausübung. der
Staatsgewalt zeitweilig verhindert ist. Der oceupirende Staat hat
in dem besetzten Gebiete Recht und Pflicht provisorischer Verwaltung
nach Massgabe völkerrechtlicher Grundsätze; aber diese provisorische
Verwaltung unterscheidet sich grundsätzlich von einer sogenannten
provisorischen Regierung in einem Interregnum. Dabei ist ganz
gleichgültig, ob die Occupation eine vorübergehende oder eine lang-
wierige ist, und ob der besetzende Staat den Willen hat, das besetzte
Gebiet dem seinigen einzuverleiben oder nicht. Geschieht das erstere
im Friedensschlusse oder durch Eroberung ohne solchen, so verliert
der bisherige Gewaltenträger seine Staatsgewalt erst in dem Augen-
blicke der Wirksamkeit des Friedens oder der völligen debellatio. :)
V. Vielfach ist auch der Ausdruck „Zwischenherrschaft“ für den-
jenigen Zustand eines Staates gebraucht worden, in welchem dieser
von einem Subjekte beherrscht wird, das sich unter ausdrücklicher
oder stillschweigender Anerkennung der legitimen Dynastie infolge
kriegerischer Eroberung in den „Besitz‘‘ der Staatsgewalt gesetzt
hat, dann aber durch den früheren Herrscher wieder verdrängt wird.?)
Es ist einleuchtend, dass auch hier von einem Interregnum in dem
von uns aufgestellten Sinne nicht die Rede sein kann. Hier ist der
sogenannte Zwischenherrscher wirklicher Inhaber der Staatsgewalt,
nicht mangelt es in der Zeit seiner Herrschaft an einem solchen.
Wenn man trotzdem hier von Zwischenherrschaft spricht, so denkt
man rein äusserlich an die Unterbrechung der Herrschaftsinnehabung
seitens ein und derselben Dynastie.
8 3.
Uebersicht des Folgenden.
Der Versuch einer Darstellung der Lehre vom Interregnum soll
in einen historischen und in einen dogmatischen Theil zerfallen. In
1) S. z. B. Herrter, Europäisches Völkerrecht (8. Ausg.). S. 402.
2) Richtig v. RoEnne, Staatsrecht der Preuss. Monarchie (4. Aufl.) I. S. 179;
E. Lönine, Die Verwaltung des Generalgouvernements im Elsass. S. 26fl.
3) Vgl. beispielsweise ZoEprL, I. S. 564ff. — ZacHARIAE, I. S.398 ff.