Full text: Das Interregnum.

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Friedens bei den ihnen von Gott anvertrauten Völkern auf!) — viel- 
leicht hat man nicht ganz mit Unrecht hierin einen schwachen Ver- 
such, die Aufgabe der Reichsschirmherren zu übernehmen, erblickt.?) 
Eine Stelle in Ottokars Reimchronik zum Jahre 1291 (eap. 543) scheint 
dafür zu sprechen, dass man auch die vier weltlichen Kurfürsten zur 
Reichsverwesung für berechtigt hielt.) Aus diesem Grunde soll die 
Stadt Augsburg dem Pfalzgrafen, der das Vikariat ausschliesslich 
für sich in Anspruch nahm, den Gehorsam verweigert haben.‘) 
Dass auch die Päpste lange Zeit hindurch, unterstützt durch die 
ihnen ergebenen Schriftsteller 5), mit bald grösserem, bald geringerem 
Erfolge Anspruch auf das Vikariat während des Interregnums in 
Deutschland erhoben, war eine logische Folgerung ihres anmasslichen 
Satzes, dass der Staat der Diener der Kirche sei, dass der Kurie auch 
in weltlichen Dingen die Superiorität über den Staat, dem Papste 
also die Oberhoheit auch über den deutschen König, das Recht, diesen 
zu ernennen oder zu bestätigen, zustehe, dass die Reichsgewalt in 
Wahrheit dem Papste gehöre und von ihm dem Könige widerruflich 
verliehen werde.) Schon seit Innocenz III. finden sich päpstliche 
Eingriffe in die Gerechtsame der Reichsgewalt, wenn der deutsche 
Thron erledigt oder von einem durch die Kurie nicht anerkannten 
Könige oder Kaiser besetzt war. Blieb die päpstliche Anmassung 
  
1) Cod. Udalr. Nr. 225 (Jarr£, Biblioth. V. 396f.); GIEsEBRECHT, Deutsche 
Kaiserzeit 1V. 8. 3f. 
2) v. Sarrorı a. a. 0. S. II. — Im Gegensatze hierzu behauptet BeRNHARDI, 
Lothar von Supplinburg S. 21. Note 55, es sei zu dieser Zeit Rechtens gewesen, 
dass der Erzbischof von Mainz bei Thronvakanz die Reichsgeschäfte führe. Diese 
Meinung ist durchaus unbegründet. Die von BERNHARDI zum Beweise angeführte 
Stelle aus Epist. Wibald. Nr. 116 (Jarr&£ I) sagt nur, dass der Erzbischof „ex 
antiquo suae aecclesiae et dignitatis privilegio sub absentia principis custos 
regni et procurator dinoscitur“. Mit Unrecht schliesst BernHarDı, dass dieses 
Recht des Mainzers und sein Recht zur Ausschreibung der Königswahl nur 
Konsequenzen seines Vikariatsrechts bei erledigtem Throne sein können, 
3) Pez, Script. rer. Austr. III. p. 513: 
Die Fursten hoch und werd, 
Die darczu sind auserlesen, 
Daz si schullen verwesen 
Daz Reich, als ez ist Herren par, 
Die hastu all vir gar 
Mit deinem Necz uberczogen u.8. w. 
4) OLENSCHLAGER, Neue Erläuterung der guldenen Bulle. S. 145. 
5) Vgl. Gıierke, Deutsches Genossenschaftsrecht III. S. 532, Note 33. 
6) S. hierzu GIEREE 8.2.0. S.519ff. und die ebenda S. 509 f. angegebene 
Litteratur. — Harnack, Kurfürstencollegium S. 124ff.
	        
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