Full text: Das Interregnum.

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mit eigener Persönlichkeit begabte Gemeinwesen dem sichtbaren Könige 
gegentibergestellt, mit dem die Gewalt des Reichs während der Dauer 
seiner Regierung verknüpft wird, eine Auffassung, die vielleicht nicht 
überall mit Klarheit ausgesprochen, aber stets mit Deutlichkeit em- 
pfunden wird, jedenfalls in den Quellen des Rechts, wenn sie auch 
die Doktrin vielfach in einen Gegensatz zwischen Fürst und Volk 
verflichtigte. So giebt der Sachsenspiegel (III. 52, 1) dem Könige mit 
der Krönung die königliche Gewalt und mit der Weihe durch den 
Papst „des Reiches Gewalt‘; er lässt ihn dem Reiche Hulde 
thun (III. 54, 2; vgl. Schwbsp. Lassb. 122) und schwören, dass er das 
Reich vertreten wolle in seinem Rechte. Schon im Beginne des 
Mittelalters löst sich das Kammergut des Reiches aus seiner ursprüng- 
lichen Verbindung mit dem Privatvermögen des Königs; es bleibt, 
auch wenn es dem Könige zur Benutzung überlassen ist, doch dem 
Reiche zueigen !). Die kaiserlichen Lehen sind des Reiches Lehen?), 
kaiserliche Privilegien und Freiheiten privilegia et libertates imperii.>) 
In demselben Sinne wird von den munera imperii gehandelt und 
oft von den jura imperii gesprochen, deren „Administration“ dem 
Könige zustehe. Deshalb hört, so heisst es, das Reichskammergericht 
mit dem Ableben des Kaisers nicht auf, weil es nicht allein von ihm, 
sondern auch vom Reiche aufgestellt ist, „dieses aber niemals stirbt ‘‘*), 
während der Reichshofrath als wesentlich kaiserliches Organ im 
Interregnum nicht funktionirt. Das ist ein zeitiger Sieg des 
Staatsgedankcens unter Zurücktreten des menschlich persönlichen 
Elements, des Staatsgedankens, der sich in den Territorien natur- 
gemäss infolge ihrer Entwicklung aus patrimonialer Wurzel zu publi- 
zistischen Gemeinwesen erst viel später, ja fast erst in neuerer Zeit 
voll entwickelte, der im Reiche dagegen stets und überall im Vorder- 
grund stand, nicht zum mindesten auch, wie schon die älteren Publi- 
zisten richtig ausgesprochen haben :), seit der Zeit, da das Wahl- 
prinzip im Reiche zur vollen Geltung gekommen war. Weit entfernt 
von einer Identifizirung des Königs mit dem Staate hat das Mittelalter 
  
1) Meser, Einleitung in das deutsche Staatsrecht (2. Aufl.) S. 81. Note 1; 
vgl. Ssp. I. 81, 1. 
2) So heisst es im Schwabenspiegel Lehnr. Lassb. c. 147 in Beziehung auf 
die Lehensbegründung durch den Pfalzgrafen während des Interregnums: „si 
werdent aber da von nit des phalzgraven man, si werdent des riches man, wan 
er libet in sin güt niht er lihet in des riches gt: da von sint si des riches man.“ 
3) A.B. 1, 2. 
4) v. ABELE S. 30. 
5) Vgl. SCHILTER, Institutiones juris publ. Rom. Germ. I. S. 144f.
	        
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