- 8 —
eine gewisse Zeit herrschaftsberechtigt ist, sondern die auch dieser
Herrschaft ipso jure verlustig wird, wenn ein fremder Wille sich
dahin ausspricht, eine solehe Person ist nicht Träger der Staatsge-
walt.!) Eine solche Behauptung aber ganz allgemein auf die Ana-
logie eines für einen Fall gegebenen, auf diesen Fall ausdrücklich
beschränkten englischen Gesetzes zu stützen, muss als unzulässig be-
zeichnet werden.
IV. Nicht ist endlich im Zwischenreiche Träger der Staats-
gewalt das Volk, nicht bedeutet der Eintritt des Interregnums den
Eintritt einer zeitweiligen Demokratie. Eine solche Auffassung könnte
entweder die rechtliche Natur der Zwischenregierung oder das Prin-
zip des Staatsvertrages und der Volkssouveränetät zur Grundlage
haben, oder sie könnte sich auf die Befugniss des Volkes zur Neu-
wahl des Monarchen stützen. Um mit dem Letzten anzufangen, so
ist der Umstand, dass das Volk als solches die Fähigkeit hat, sich den
neuen Monarchen zu wählen, kein Beweis dafür, dass es bis zur
Wahl selbst der Gewaltenträger sei. Denn wie schon früher hervor-
gehoben wurde, bedeutet diese Wahl nicht Uebertragung einer Gewalt,
sondern nur eine Form der Vermittlung staatlicher Rechtsnach-
folge. Gewiss ist sie ein Rechtsakt, ein Staatsakt, aber nicht jedes
Staatsglied, und wäre es das vornehmste, das zur Vornahme staat-
licher Akte berufen ist, muss darum schon Träger der Staatsgewalt
sein. Eine Bekämpfung der Grundsätze der Volkssouveränetät und
des Staatsvertrags, die man ja früher für die Entscheidung unserer
Frage so energisch ins Feld geführt hat, erübrigt sich an dieser
Stelle, weil diese Prinzipien heutzutage von keinem Publizisten von
einiger Bedeutung mehr vertheidigt werden: nur so viel mag hier
gesagt werden, dass sich auf jenen Theorien, als willkürlichen Er-
klärungen des Werdens des Staates, nicht eine Erklärung seines
Zustandes in einer Periode gründen lässt, in der er sich gegen
seinen Untergang wehrt. Selbst in Monarchien, die sich geschicht-
lich auf eine Einsetzung durch den Volkswillen zurückführen, kann
von einer noch andauernden Souveränetät des Volkes, als im Wider-
spruche mit dem monarchischen Prinzip stehend, nicht gesprochen
werden.?2) Wirft man aber endlich einen Bliek auf die rechtlichen
Beziehungen, in denen die Vikare zum Volke stehen, so wird man
1) Vgl.Hanckz, Regentschaft und StellvertretungS 17; BorxHAx, Preussisches
Staatsrecht I. S. 194.
2) Brockuaus, Legitimitätsprinzip S. 3051.