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scher und mit ihm bei jenem Schöpfungsakte thätig zu werden be-
rechtigt sein. Was insbesondere die Monarchie anlangt, so ist in ihr
nicht allein der Herrscher das Subjekt der staatlichen Willens-
schöpfung. Sie besitzt Staatsorgane, die in ihrer Thätigkeit von dem
Willen des Herrschers völlig unabhängig sind, die wie z. B. die Organe
der Rechtsprechung, der Regent bei Regierungsunfähigkeit des Monar-
chen, Akte der Staatsgewalt ausüben, deren Impuls, als wirkender
Wille des Staates gedacht, lediglich von ihrem eigenen Willen ge-
deckt wird. Wir begegnen sogar Staatswillensäusserungen, die eine
Ueberwältigung des monarchischen Willens bedeuten. So
haben wir, um nur ein Beispiel herauszugreifen, in den deutschen
Verfassungen Bestimmungen, nach denen in Fällen der Nothwendig-
keit einer Regentschaft mangels anderer getroffener oder zu ermög-
lichender Vorsorge für diese von bestimmten Staatsorganen der
Beschluss auf Einsetzung einer Regierungsverwesung gefasst, selbst-
verständlich aber auch zur Durchführung gebracht werden kann und
muss.!) Bei diesem Staatsakte, dieser Staatswillensäusserung von
eminenter Bedeutung kann der konkrete Staatswille auch gewaltsam
gegen den monarchischen von anderen Willensträgern zur Entstehung
gebracht werden. Der Staat will, auch olıne dass der Träger seiner
Gewalt will, und anders, als dieser will.
Zwar sind solche an der Staatswillensbildung betheiligte Indi-
vidualwillen dem monarchischen nicht ebenbürtig. Denn kein ein-
ziges anderes Staatsglied ist in der Einherrschaft Herrschafts-
subjektkrafteigenen Rechts als der Monarch; er allein bringt
die abstrakte Staatsherrschaft zur Realität kraft eigener, in ihm und
mit ihm geborener Befugniss. Deshalb und allein deshalb nennen
wir ilın den geborenen alleinigen Träger, das menschliche Subjekt
der Staatsgewalt; deshalb geschieht alle Ausübung dieser Gewalt le-
diglich in seinem Namen; deshalb unterscheiden wir die Einherr-
schaft von der Aristokratie und Demokratie, weil in jener das un-
übertragene Recht der Staatsherrschaft, der Nichtunterthänigkeit, allein
dem einen Fürsten, in diesen mehreren oder der gesamten Vielheit
der Einzelstaatsgenossen innewohnt. Aber nicht in dem eigenen
Rechte zur Schöpfung des Staatswillens, sondern darin, dass er allein
im Staate prinzipiell keiner fremden Zwangsgewalt unterworfen
ist, unterscheidet sieh der Monarch von anderen Staatsgliedern. Denn
1) So in Preussen (a. 56f.); Bayern (tit. II. $ 11); Sachsen ($ 11); Württem-
berg (a. 13); Oldenburg (a. 23).