Full text: Das Interregnum.

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Die wieder aufgehobene Verfassung für das Grossherzogthum Meck- 
lenburg-Schwerin vom 10. Oktober 1849!) ordnete an, dass, wenn 
die Erwartung statthabe, es möge ein zur Thronfolge berechtigter 
Prinz nachgeboren werden, für die Dauer eines solchen Zustandes 
eine „Regentschaft“ einzutreten habe — die einzige deutsche 
Verfassung, die für diesen Fall Festsetzungen enthält. Die Regent- 
schaft hat hier wie in anderen Fällen der Regierungsverwesung „statt 
des Thronerben“ entweder die vom abgegangenen Grossherzoge mit 
der Abgeordnetenkammer im Voraus bestimmte Person, oder im Mangel 
solcher Vorsorge der zunächst zur Thronfolge berechtigte regierungs- 
fähige Agnat, oder endlich, falls solche Agnaten fehlen oder sämt- 
lich die Uebernahme der Regentschaft ablehnen, ein von der Abge- 
ordnetenkammer gewählter nichtregierender volljähriger Prinz eines 
deutschen Fürstenhauses zu führen. ($ 65 ff.) Was nun weiter die gelten- 
den Verfassungsgesetze anlangt, so wird nach dem belgischen von 
1831 die provisorische Regierung im Falle der Thronerledigung durch 
eine von beiden gemeinschaftlich berathenden Kammern gebildete 
Regentschaft geführt (a. 85).2) In Rumänien ernennen die vereinigten 
Kammern für die Dauer der Thronvakanz eine provisorische oberste 
Regierung (Lieutenance souveraine), die aus drei Mitgliedern besteht 
(a. 84). Ebenfalls die Deputirtenkammer sorgt in Luxemburg pro- 
visorisch für die Regentschaft (a. 7). In Griechenland (a. 52) ernennt 
die Kammer (Bov4:,) in namentlicher Abstimmung provisorisch einen 
einzelnen Regenten, für den das Erforderniss des griechischen Staats- 
bürgerthums und der Zugehörigkeit zur orientalisch-orthodoxen Kirche 
aufgestellt ist. Da aber der Beginn der Regierung dieses Regenten von 
der Leistung eines Regentschaftseides abhängig gemacht wird, so übt 
bis zur Erfüllung dieser Bedingung der Ministerrathi „die konstitu- 
tionelle Gewalt des Königs“ aus. Die serbische Konstitution ordnet 
für den Fall, dass der Monarch ohne Hinterlassung eines Thronfolgers 
stirbt und bei seinem Tode die Herrscherwittwe schwanger ist, bis 
zum Momente ihrer Entbindung die Führung einer provisorischen Re- 
gierung durch den Ministerrath (Sovet Ministarski) an (a. 10). Die 
Unionsakte vom 6. August 1815 (a. 3) spricht für den Fall einer 
Thronerledigung von einer für beide Königreiche Schweden und Nor- 
wegen gesetzlich gebildeten provisorischen Regierung, ohne jedoch 
ihre Zusammensetzung anzugeben. 
1) Rasse, Gesetzsammlung für die Meklenburg-Schwerinschen Lande, Zweite 
Folge IV. S. 667 ff. 
2) Vgl. den Verfassungsentwurf vom 27. Oktober 1830 :8.64. (Pörırz II. 8. 233). 
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