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Nicht bewirkt das Interregnum das Aufhören der Union, sondern
beides wird durch das Aussterben der Dynastie bewirkt. Es ist an-
dererseits möglich, dass die Realunion ohne Beschränkung auf eine
Dynastie, also schlechthin für alle Zeit geschlossen worden ist.') In
diesem Falle kann ein Interregnum nicht in einem der verbündeten
Staaten allein, es muss in allen gleichzeitig eintreten. Auch hier
bedeutet das Interregnum nicht Endigung der Union, wiewohl es
den gemeinsamen Herrscher zum Wegfalle bringt. Denn an dem
Rechtsverhältnisse zwischen den verbundenen Staaten wird durch
dieses Ereigniss nichts geändert. Das Rechtsverhältniss begründet
für die Staaten die gegenseitige Pflicht, denselben Gewaltenträger
zu haben.?) Dass sie ihn haben, ist das dem Recht entsprechende
thatsächliche Verhältniss, es ist Ausdruck der Erfüllung der Pflicht.
Endigt dieses thatsächliche Verhältniss, so endigt nicht ohne Weiteres
auch die gegenseitige Rechtspflicht. Nur wird diese im Interregnum
nicht erfüllt durch das Haben des gemeinschaftlichen Trägers der
Staatsgewalt, sondern durch die Wahl eines solchen in Gemässheit
der bundesmässigen Vorschriften.?2) Geschieht diese Wahl nicht, oder
erfolgt eine zwiespältige Wahl oder nur eine einseitige durch den
einen Staat unter Ausserachtlassung der Bestimmungen über die Mit-
wirkung des anderen, so kann allerdings die Realunion ihr Ende er-
reichen, dann aber nicht durch das Interregnum, sondern durch über-
einstimmenden Willen der Unirten oder durch Verletzung der Bundes-
pflichten, durch Bruch des Bundesvertrags.')
V. Wir kommen zu den Staatenverbindungen mit Ueber- und
Unterordnung der verbundenen Staaten, zu den zusammengesetzten
Staaten. Der zusammengesetzte Staat ist entweder Staaten- oder
Bundesstaat. Da im Staatenstaate der untergeordnete, der Vasallen-
staat zwar nicht souverän, aber doch Staat ist, da der Staat im Inter-
regnum in seiner Existenz nicht berührt wird, so wird im Staaten-
staate bei Eintritt eines Interresnums, sei es im suzeränen, sei es
im Vasallenstaate, an dem eigenthümlichen Herrschaftsverhältnisse des
Ersteren über den Letzteren nichts geändert. Im Interregnum des
der unrichtigen Anschauung, dass eine Realunion durch Gesetz entstehe. Eine
eingehende Polemik hiergegen bei JELLINER @. a. O. S. 198ff,
1) So die Union Schweden-Norwegen.
2) Vgl. Brıe, Staatenverbindungen S. 70.
3) S. die Bestimmungen der Unionsakte für Schweden und Norwegen vom
6. August 1815, a. 3.
4) JELLINEK 8.8.0. S. 218f.