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In der nachfolgenden dritten Sitzung vom 17. Oktober (Nr. 58) wird die Be—
ratung fortgesetzt. Inzwischen sind schlechte Nachrichten aus Österreich eingegangen.
Im übrigen ist das Bild das gleiche. Ludendorff selbst befürwortet zwar mit Rücksicht
auf den befürchteten Abfall OÖsterreichs nach wie vor die Fortsetzung der Friedensver-
handlungen, meint aber, man brauche trotzdem nicht jede Bedingung anzunehmen; es
sei immer noch Zeit, klein beizugeben. „Wenn wir tatsächlich geschlagen werden sollten,
so müßten wir eben sofort kapitulieren. Gefährlich könnte es werden, wenn wir bei
Verdun eine Niederlage erlitten, sonst sehe er die Gefahr nicht für so groß an.=
Nach diesen Beratungen tritt wegen der schwankenden und sich zum Teil wider-
sprechenden Außerungen Ludendorffs über die militärische Lage wieder das Bedürfnis
hervor, andere Generale zu hören, diesmal, weil die Gefahr einer zum Teil zu
günstigen Beurteilung besteht (Nr. 62). Aber Ludendorffs Widerspruch gegen eine
solche Anhörung ist noch nicht beseitigt und man muß fürchten, mit seiner Entlassung
den Zusammenbruch des Heeres zu beschleunigen (vgl. Nr. 55).
Am 20. Oktober läßt Hindenburg telephonieren (Nr. 63):
?„Die Türkei hat Sonderverhandlungen begonnen. Österreich-
Ungarn wird bald folgen. Wir werden sehr bald in Europa allein
dastehen. Die Westfront ist in großer Anspannung. Ein Durchbruch
bleibt möglich, wenn ich ihn auch nicht befürchte. Durch Absetzen vom
Jeinde . . könnte ein nachhaltiger Widerstand organisiert werden
Aber selbst, wenn wir geschlagen würden, ständen wir nicht wesentlich
schlechter da, als wenn wir jetzt schon alles annähmen.
Also eine sehr ungünstige Darstellung der militärischen Lage, an die sich wieder
das Urteil schließt, daß Deutschland im Falle einer Austragung des Kampfes mit unglück-
lichem Ausgang nicht schlechter dastehen würde.
Es folgt die deutsche Antwort vom 20. Oktober. Diesmal besteht eine sachliche
Differenz mit der Obersten Heeresleitung. Sie tritt hauptsächlich wegen der Einstellung
des U-Boot-Krieges zutage. In einer vor Absendung der Note einberufenen Besprechung
mit deutschen Auslandsvertretern (Rosen, Graf Brockdorff-Rantzau, Graf Metternich)
hatten diese sich übereinstimmend für das Entgegenkommen in der U-Boot--Frage aus-
gesprochen.
Über das letzte Stadium des U-Boot-Krieges enthalten die Nummern 67 bis 75
näheres. Es wird die Hoffnung geäußert, daß nicht die unglückliche Torpedierung eines
amerikanischen Passagierdampfers dazwischenkommen möge. Aber gerade jetzt, d. h. vor
den zuletzt besprochenen Noten, trifft die Nachricht von der Torpedierung der Leinster ein
und verschärft die Stimmung in den Vereinigten Staaten.
In der dritten Note Wilsons vom 23. Oktober 1918 (Nr. 76) wiederholt der
Pääsident den Hinweis auf seine Botschaft vom 18. Januar 1918 und seine folgenden
Botschaften. Er teilt mit, daß er den anderen Regierungen vorgeschlagen habes falls sie
geneigt seien, den Frieden zu den angebotenen Bedingungen und Grundsätzen herbei-
zuführen, den Waffenstillstand einzuleiten und fügt hinzu:
„Die Annahme dieser Waffenstillstandsbedingungen durch Deutsch-
land wird den besten konkreten Beweis dafür erbringen, daß es die
Grundsätze des Friedens annimmt, denen die ganze Aktion entspringt.=
Die Note endet mit längeren Ausführungen, in denen der Präsident nochmals
Zweifel über die inneren Machtverhältnisse in Deutschland äußert.