Zurückhaltung, die jede unnötige Familiarität ausschloß, ein guter
Kamerad sein wolle und könne, stets bereit, sich mit ihnen in ihren
Plänen und Bestrebungen zu identifizieren und von dem aufrichtigen
Streben erfüllt, mit ihnen, auf jedes Privilegium verzichtend, als
Gleichgestellter zu konkurrieren. Da der Prinz in der Auswahl
seiner näheren Bekannten grundsätzlich weder beeinflußt noch be-
schränkt wurde, so bildete sich zu einigen spmpathischeren Persönlich-
keiten ein näheres Verhältnis, das einen vertrauteren Berkehr ge-
stattete. Die ganze Situation gestaltete sich auch in dieser Beziehung
so natürlich und deshalb fruchtbar, wie es kaum zu hoffen gewesen
war.?
Ich habe mit allen meinen Mitschülern gute Kameradschaft ge-
halten, ohne gerade mit dem einen oder anderen engere Freundschaft
zu schließen. Besonders entsinne ich mich noch der Kameraden
Johannes Brauneck, später Direktor des Wilhelm-Gymnasiums in
Hamburg, des nachmaligen Staatsanwalts Ganslandt und eines
klefnen jüdischen Mitschülers, des späteren Appellationsgerichtsrats
Sommer, der im September 1029 verstorben ist. Am meisten ver-
kehrt haben wir, d. h. mein Bruder Heinrich und ich, mit einem
Kameraden namens Wild, der weder in dessen noch in meiner Klasse
war) es war der spätere Kriegsminister Wild v. Hohenborn. Ein
netter, frischer Knabe, unschätzbar bei den damals viel geübten
Scharadespielen und Theateraufführungen, hat er uns beiden sehr
nahe gestanden.
Auch einer anderen Jugendbekanntschaft aus dieser Zeit möchte
ich hier Erwähnung tun, wenngleich sie mit dem Gymnasium nichts
zu tun hat. Ich meine den fungen Grafen Emil Görtz, den ich bei
einem Besuche in Schlitz kennen lernte. Von riesengroßem Wuchs,
war er eine genial veranlagte Natur, begabt in vielen Künsten, er
malte, sang, deklamierte, dichtete, komponierte, bildhauerte — und
strotzte von Kraft und Tätigkeitsdrang. Dazu besaß er einen kristall-
12)