Deutz vorbeikommen sehen und daraufhin sofort beschlossen, wieder
nach Hause zu fahren. Sie hätten sich geweigert, an der Jagd teil-
zunehmen, da sie wegen des noch herrschenden „Kulturkampfes" nicht
mit einem preußischen Brinzen zusammenkommen könnten! Dieses
unqualifizierbare Benehmen rief bei allen anwesenden Jagdgästen
tiefe Entrüstung hervor, da ich doch persönlich wahrlich mit dem
ganzen Streit nichts zu tun hatte! Der Vorfall zeigt aber deutlich,
bis zu welchem Grade der Berhetzung der unheilvolle Kampf ge-
führt hatte.
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Da in Bonn zwei bedeutende Geistliche an der evangelischen
Kirche wirkten, bereitete mir der Besuch derselben besondere Freude.
Der eine war der Dekan der Theologischen Fakultät D. Christlieb,
der trotz seines ugendlichen Außern durch die Kraft seiner Rede wie
seinen tiefen Ernst allgemein starken Eindruck machte und Respekt
abnötigte; seine Bredigten waren „gewaltig“ und oft erschütternd.
Der andere war Dryander, dessen gewinnende Herzlichkeit und
sonniges Wesen ihm überall vertrauensvolle Zuneigung erwarb.
Seine geistvollen Bredigten fanden lebhaften Anklang, er verstand
es mit großem Feingefühl, trotz großer Schwierigkeiten, den konfes-
sionellen Frieden zu erhalten. Ich hatte in Botsdam und Berlin
immer den Mangel der Predigten, die fast nur trockne Dogmatik
behandelten und die Peison Christi sehr vernachlässigten, schmerzlich
empfunden. Das, was ich suchte, fand ich nun in den Predigten
Drpanders, dessen milde, dabei doch kraftvoll klare und echt evan-
gelische Auffassung meiner eigenen religiösen Einstellung sehr entgegen-
kam, denn bek ihm war die Predigt frei von Dogmatik, die Berson
des Herrn stand im Mittelpunkt, und das „praktische Christentum“ war
das K und O seiner Lehren. Ich habe Drpander aufrichtig verehrt
und aus dem Verkehr mit ihm den Entschluß geschöpft, alles daran
zu setzen, um ihn nach Berlin zu bringen. Sein Wirken dort an
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