Uns geht es ganz gut hier! Wir leben ganz still, noch unter dem Ein-
druck der furchtbaren Schicksale des armen verstorbenen Königs! Mit vielen
Wünschen für Deine Besserung küsse ich Deine Hand als
ein
treugehorsamster Enkel
Wilhelm.
Nr. 7.
(Zu Seite 247.)
Brinz Wilhelm an Kaiser Wilhelm I.
Berlin, 22. II. 1888.
Lieber Großpapal
Mit untertänigstem Dank beeile ich mich Deinen soeben erhaltenen Brief
zu beantworten. Bei dem Diner des Grafen Herbert Bismarck habe ich den
Herrn Herrfurth gesehn und gesprochen. Ich kam dabei zu der Uberzeugung,
daß derselbe für die — mir für ihn genannte Stellung eines Ziviladjutanten —
zu alt sei. Dies Bedenken erfuhr der Kanzler durch Graf Herbert und kam
auf Gneist nach langem Suchen. Der Fürst teilte mir bei meinem vor-
gestrigen Besuch mit, er hege dieselbe Ansicht wie ich von Herrfurth und habe
daher die Stellung sozusagen zerlegk. Eine Bersönlichkeit solle mir gewisser-
maßen Kolleg lesen über allerhand Staatsrechtliches, daß derselbe mehr als
Brofessor anzusehen sei, und dies solle Gnelst sein. Die andere Berson solle
zu meiner Berfügung und zu näherem Umgang sein als lebendes Lexikon,
dieselbe müsse jüngeren Alters sein, das sei H. v. Brandenstein. Letzterer
ist, soviel ich weiß, der Sohn des verstorbenen Chefs des Ingenieurkorps,
Vorgängers von Gen. v. Stiehle, er #ist nach jeder Richtung außerordentlich
empfohlen von Vorgesetzten und Kollegen. Er ist bereits mit 30 Jahren
Ober-Bräsidialrat! .
Uber Gneist hat mich der Fürst völlig orientiert und auch betont, wie er
setzt lopal und durch und durch gouvernemental ist, was er in einer energischen
Rede zur Verteidigung der Krone und ihrer Rechte gegen den Reichstag be-
sonders bewiesen hat. Ich bin daher überzeugt, wenn Du befehlen wolltest, daß
der Fürst mit Gneist persönlich über seine Aufgabe spricht und ihm einige
Richtungspunkte angibt, letzterer gewiß nur so handeln und reden wird wie
Du es haben willst. Denn Bescheid weiß er bei uns wie in allen anderen
Ländern wie kein anderer und trägk, wie ich höre, sehr gut vor. Ich bin daher
mit der Wahl der beiden Herren völlig einverstanden.
Indem ich ganz gehorsamst dafür danke, daß Du Dich so freundlich um
meine Ausbildung kümmerst, bleibe ich Dein
treugehorsamster Enkel
Wilhelm.
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