oder noch weniger in einem riesengroßen Uhrgetriebe machte. Nie—
mals sah der Mann am Schraubstock oder im Heizraum oder in
der Gießerei ein Stück, das er als Werk seiner Hände erkennen,
auf das er mit dem Stolz des ehrsamen Handwerkers blicken und
das ihm der Lohn für heiße Arbeit sein konnte. Er war eben kein
Ganzes, er war nur noch ein Teilchen. Früh lernte ich so Ver-
ständnis für den deutschen Arbeiter gewinnen und warmes Mitemp-
finden für sein Schicksal fühlen. Daß dies geschah, ist wohl Hinz-
peters größtes Verdienst um meine Erziehung und Menschenbildung
gewesen, das ich ihm nie vergessen habe.
Ich werde im Verlauf meiner weiteren Darstellung noch häufig
auf Hinzpeter zurückkommen. Hier nur noch so viel, daß ich trotz
der bitter harten Schule, durch die er mich geleitet hat, niemals das
Gefühl der Dankbarkeit und Berehrung für alles, was er mir ge-
geben hat, verloren habe. Bei ihm habe ich das Wichtigste gelernt,
was ein Mensch lernen kann: arbeiten und seine Pflicht tun. Ich
habe nie die Verbindung mit ihm gelöst, sondern bin bis an sein
Lebensende in dauerndem persönlichen und brieflichen Berkehr mit
ihm geblieben. Er hielt mich über Beröffentlichungen und For-
schungsergebnisse auf wissenschaftlichem Gebiet auf dem laufenden
und unterrichtete mich vornehmlich über den Stand und die Ent-
wicklung seines Lieblingsgebiets, der sozialen Frage. Als 1880 der
Bergarbeisterausstand in Westfalen eine gefährliche Lage schuf, stand
er mir mit seinem erfahrenen Rate hilfreich zur Seite. 1800 machte
ich ihn zum Mitglied des preußischen Staatsrats, und er wurde
noch im selben Jahre führendes Mitglied der Konferenz, die die von
mir angeregte Schulreform berlet. Daß Hinzpeter, wie viele und
auch Bismarck glaubten, mich gegen den großen Kanzler eingenom-
men und den unseligen Konflikt genährt hätte, entspricht in keiner
Welse den Tatsachen. Freilich vertrat er Anschauungen von dem
Wesen des Königtums, die sich mit einer übermächtigen Stellung
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