Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

zur geliebten Büchse greifen und auf die Pirsch gehen! Ich schoß 
mein erstes Wild im Jahre 1872, am Geburtstag meiner Groß- 
mutter, der Kaiserin Augustaf es war ein Fasan. Bald erlegte ich 
auch meinen ersten Hasen. Meinen ersten Hirsch schoß ich im Herbst 
1876 im Wildpark. 
Im Winter, wenn wir in Berlin waren, gingen wir gern in 
ein Museum, in das Theater, in den Zirkus Renz oder auch in den 
Zoologischen Garten, der uns ebenso wie der Botanische Garten viel 
Unterhaltung und Belehrung bot. In das Theater ging mein VBater 
mit VBorliebe und nahm uns Kinder häufig dahin mit. Dies geschah 
natürlich noch mehr in späteren Jahren, besonders als die Meininger 
ihre berühmten Aufführungen veranstalteten. Im Opernhause wechselten 
damals noch Balletts, die nach Bariser Muster den ganzen Abend bean- 
spruchten, mit Opern ab. Ich habe später diese abendfüllenden Bal- 
letts abgeschafft und dafür Volkstänze geben lassen, die im Kostüm 
der im Stück auftretenden Bölker vorgeführt wurden. Ich besaß für 
gute Musik von Jugend auf große Neigung, da ich nichts stärken- 
deres kenne. So war meine Freude immer groß, wenn mein Bater 
uns in die Oper mitnahm. Wir durften aber die Musik nicht bloß 
an unseren Ohren vorüberrauschen lassen, sondern mußten uns auf 
seine Anordnung die Melodien gut merken. So wurde ich musi- 
kalisch erzogen und erwarb mir auch ein gutes Gedächtnis für Me- 
lodie und Rhythmus. 
Natürlich haben wir alle die Spiele gespielt, an denen deutsche 
Jungen ihr Vergnügen haben: Räuber und Soldat, Indianer oder 
militäkrisches Exerzieren. Die Schauplätze dieser Taten waren meist 
der Bark von Sanssouci oder das Bornstedter Feld. Bei diesen 
Spielen kam ich mit einer großen Anzahl anderer Knaben zusammen, 
von denen mehrere mir liebe Kameraden geworden sind. 
Unter ihnen muß ich an erster Stelle meines drei Jahre füngeren 
Bruders Heinrich gedenken. Seit dem Jahre 1868 lebten wir beide 
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