Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

mit ihr gespielt habe. Bekanntlich war mein Bater mit dem ihrigen, 
Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein = Augustenburg, gut be- 
freundet, die Familie besuchte uns von Gotha aus, wo sie zeitweilig 
wohnte. Auch hier bot sich Gelegenheit, gewisse Betriebe kennen zu 
lernen, indem wir einen Kupferhammer und eine Glasbläserei besichtig- 
ten. Der Kupferhammer machte in seiner Primktivitt einen ganz mittel- 
alterlichen Eindruck, es war alles noch genau so, wie es Schiller im 
„Gang nach dem Eisenhammer“ dargestellt hat. Ein Wasserrad trieb 
eine Welle, an der eiserne Bolzen befestigt waren, diese wiederum 
drückten auf den hintersten Teil des aus einem uralten Baumstamm 
bestehenden Hammerstieles und setzten ihn so in Bewegung. Dieser 
schlug nun in dröhnendem Takt auf die zu schmiedenden Bleche, die 
zuvor in einem Ofen zum Weißglühen gebracht worden waren. Die 
ganze seltsam anmutende Umgebung, die feurige Lohe und die rußigen, 
herkulischen Gestalten der Arbeiter machten einen tiefen Eindruck auf 
uns. Micht viel anders war es in der Glasbläserei. Wie hier aus 
der flüssigen Glasmasse kunstvolle Gläser und andere Gebilde geblasen 
wurden, um dann im Ofen gehärtet zu werden, das war doch auch 
wieder ein Erlebnis für das Kindergemüt. Mein Bruder Heinrich 
und ich durften sogar einige Kugeln blasen und diese selbstgeschaffenen 
Kunstwerke als Andenken mitnehmen. Sie wurden wie rohe Eler 
behandelt und glücklich mit nach Hause gebracht, wo sie noch lange 
das Paneelbrett eines Sofas geziert haben. 
Im Sommer desselben Zahres waren wir mit Hinzpeter in 
Blankenberghe und haben dort das Strandleben in vollen Zügen 
genossen. Anläßlich irgeneines Feiertages haben wir dort auch 
einmal flämische Volksspiele gesehen, die keils derb und kräftig, teils 
ausgesprochen roh waren, sie stammten noch aus dem Mittelalter. 
So entsinne ich mich, wie Bogenschützen in alter flandrischer Tracht 
mst mannshohen Bogen nach eleinen Bögeln aus Ton schossen. Ein 
das Bolk besonders belustigendes Spiel ging um die Gewinnung 
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