Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

her: Dienst des Königs, Dienst am Vaterlande, Dienst am Volle! 
Dienen und Lernen heißen die Zeichen, unter denen sich die Vor- 
bereftung auf das höchste Amt im Reiche vollzieht. 
Mit tiefer Ergriffenheit nahm ich die Feder zur Hand, um die 
Gestalten und Geschehnisse fener Jahre, die an mir vorüberziehen, 
festzuhalten. Manche nachdenkliche Stunde voll tiefer Einsamkeit ließ 
mesnen Lebensgang vor mir sich ausbreiten. Mancher Frage, die 
das Schicksal an mich stellte, eine Antwort zu finden, war mein Be- 
mühen. Und wenn freilich manches Nätsel sich löste, dafür manch 
neues aber sich knüpfte, so ist das nichts anderes als Menschenlos. 
Die letzten Fragen lösen nicht wir hier unten. Der allmächtige 
Lenker unserer Schicksalswege kennt sie, das muß uns genügen- 
* * * 
Ich habe dieses Buch nicht ohne Benutzung quellenmäßiger Unter- 
lagen geschrieben, die dem Gedächtnis zu helfen geeignet waren. In 
erster Linie standen mir die Tagebücher meines Vaters zur Verfügung, 
die, mit größter Sorgfalt geführk, die Jahre 1860 —1888 umfassen. 
Sodann nenne ich meine eigenen Briefe und Berschte an meine Groß- 
eltern, an meine Tante Großherzogin Lusse von Baden sowie an 
meinen Erzieher Hinzpeker. Von großem Wert waren mir ferner 
dessen eigenhändige Aufzeichnungen über seine Erziehungsziele und 
-erfolge, die er 1889 in einem 287 Folfosekten umfassenden Manusikript= 
bande niedergelegt hat, dieses Werk, das mit dem im Druck erschie- 
nenen nichts zu tun hat, hat Hinzpeter überschrieben: „Die Erziehung 
des Prinzen Wilhelm von Preußen, setzigen Kalsers Wilhelm II.“ 
Schließlich besaß sch für die Kindheits= und Schulfahre neben einzelnen 
Schulaufsätzen noch eine wichtige Quelle in meinem „Curriculum vitae'“, 
dem Lebenslauf, den ich gleich meinen Mitschülern im Oktober 1876, 
einige Monate vor unserem Absturkentenexamen, einreichen mußte. Ohne 
dieses Schriftstück könnte ich wichtige Abschnitte meines Werdens kaum
	        
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