König Eduards das Mausoleum zum letzten Male besuchte, sah ich
neben dem Sarkophag meines Großpvaters auch den meiner Groß-
mutter. Aber wie erstaunte ich, als ich die Königin in voller Jugend-
schönheit dargestellt fand, wie sie Winterhalter Iin seinen Bildern uns
als Englands sugendliche Herrscherin erhalten hat! Wie mir erzählt
wurde, hatte meine Großmutter beim Tode des Prince--Consort mit
seinem Sarkophag zugleich den ihrigen bestellt, da sie nicht wünschte,
als alte Frau neben dem in voller Mannesschönheit aufgefaßten
Gatten zu liegen. Der Eindruck dieser beiden schön modellierten
Gestalten ist tief ergreifend.
Königin Victoria hat übrigens niemals ihre deutsche Abstammung
verleugnet. Sie war siolz auf den Titel „Herzogin zu Sachsen“
und führte ihr sächsisches Wappen als Herzschild in der englischen
Königsstandarte. Mit den Herren und Damen des Gefolges meiner
Eltern und späterhin meines Gefolges sprach sie grundsätzlich nur
deutsch, das sie vollständig und ohne Akzent beherrschte. Das Ge-
winnende an ihr war aber wohl, daß sie es in seltenem Maße ver-
stand, die beiden Eigenschaften zu verbinden: ganz Königin und
ganz Vrau, Mutter und Großmutter zu sein.
Mit nicht geringerer Liebe als die Königin sind mir meine ande-
ren englischen Berwandten entgegengekommen. So denke ich unter
anderen meiner füngsten Tante Beatrix, die stets an unseren kind-
lichen Spielen, selbst mit den Kanonen, kteilgenommen hat. Mein
Lieblingsonkel war von Anfang an Prinz Arthur, Herzog von
Connaught. Der Herzog, übrigens der ausgesprochene Kieblings-
sohn meiner Großmutter, nahm sich im Laufe der Jahre, zumal
als ich heranwuchs, in der liebenswürdigsten Weise meiner an
und führte mich meist bei meinen Besuchen in London persönlich
umher. Er war ein ausgezeichneter Soldat, und als ihm nach seiner
Hekrat mit meiner Kusine Prinzessin Lusse Margarethe, der füngsten
Tochter Prinz Friedrich Karls, die Uniform des Zieten-Husaren-
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