8 « .StaatssuudBetwaltI-ngsrecht. ll.Buch.
preußiicheVetfafiungsutkundeCAttLAZo)alseinesdetwichtigstm»Grundtechte«sbe-
handelthatte,wutdedutchdieGesetzgebungvon1908(Gesetzvom19.April)gelöst.
Die Lösung erfolgte durchaus im Sinne der Freiheitsgedanken, die in der preußischen
Verfassung ihren Ausdruck gefunden hatten, im Sinne der Vereins- und Versamm-
lungsfreiheit. Die durch die Notwendigkeiten der Staatsordnung gebotenen Polizei-
vorschriften für Uberwachung von Vereinen und Versammlungen wurden auf das ge-
ringste Maß beschränkt.
Einer der wichtigsten Einzelpunkte dieser Gesetzgebung war die Sprachenfrage.
Auch in anderen Zusammenhängen (Rechtspflege, Elsaß-Lothringen, Postwesen, Schul-
wesen) mußte die Sprachenfrage mehrfach erörtert werden. Da weder die Reichs- noch
die preußische Verfassung Vorschriften über die vom Staat und im amtlichen Verkehr
mit dem Staate anzuwendende Sprache enthalten, ergaben sich auf verschiedenen Ge-
bieten des Staatslebens zahlreiche und zum Teil peinliche Streitfälle in den gemischt-
sprachigen Bezirken. Der ursprüngliche Regierungsentwurf des Vereinsgesetzes wollte
die Durchführung des „Grundrechtes“ der Vereins- und Versammlungsfreiheit einfach
unter den — der weitaus großen Mehrzahl der Deutschen selbstverständlichen — Grund-
satz der deutschen Staatssprache gestellt wissen. Leider war es nicht möglich, diesen
Grundsatz in dem endlich errungenen deutschen Bundesstaate von vorneherein als einen
zweifellos feststehenden zur ausschließlichen Geltung zu bringen: der Widerspruch der
fremdsprachigen Bestandteile des heutigen deutschen Staatsvolkes, sowie die den Grund-
satz der deutschen Staatssprache als allgemeinen Rechtsgrundsatz verneinende Recht-
sprechung des preußischen Oberverwaltungsgerichtes, hatten zur Folge, daß für das
Gebiet des Vereins- und Versammlungsrechtes dem neuen Gesetze mehrere tiefgreifende
Einschränkungen des Prinzipes zugunsten fremdsprachiger Versammlungen eingefügt
wurden, die die Regierung, um nicht das ganze hochwichtige Gesetz zu gefährden, an-
nahm. Es steht zu Hoffen und ist dringende Staatsnotwendigkeit, daß
weiterhin für alle Zweige des Staatslebens, einschließlich öffentlicher
Versammlungen, in denen Staatsangelegenheiten verhandelt werden,
der Grundsatz der deutschen Staatssprache im deutschen Nationalstaate
zur vollen und uneingeschränkten Anerkennung gelangt.
7. Die Kolonien. — Erweiterung Was die Reichsnebenländer, die deutschen Ko-
des Kolonialbestandes. lonien, für die immer noch der unzutreffende
Ausdruck „Schutzgebiete“ Amtsbezeichnung ist,
angeht, so hat seit 1888 der deutsche Kolonialbestand eine sehr erhebliche Erweiterung er-
fahren. Zu den Kolonien der ersten Epoche (Südwestafrika, Ostafrika, Togo, Kamerun,
Reu-Guinea und Marschall-Inseln) traten unter der Regierung Wilhelms ll. hochwichtige
neue Kolonialerwerbungen hinzu, nämlich Kiautschou, Samoa, Karolinen und Neu-
Kamerun. Kiautschon, ein wichtiger Hafen des nordchinesischen Gebietes, ging auf Grund
eines für 99 Zahre abgeschlossenen Pachtvertrages mit China 1898 in deutsche Staatshoheit
und Verwaltung über. Diese ostasiatische Kolonie fand, insbesondere in ihrem Haupt-
orte Tsingtau, eine ganz besonders intensive Entwickelung, sowohl in militärischer Hin-
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