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etwas Beruhigendes, auch ihre Religion dort vertreten zu wissen. Sodann ist ganz
Uar, daß sowohl Professoren wie Studenten der Theologie an einer solchen Stätte der
Wissenschaft eine Menge von Anregungen und Gelegenheiten zur Erweiterung ihres
Wissens und ihres Gesichtskreises haben, indem neben dem Studium der Verkehr mit
Vertretern anderer Fächer und einer anderen Weltanschauung ihnen zugute kommt.
Nicht weniger haben die Professoren und Studenten der weltlichen Fakultäten die Mög-
lichkeit, im persönlichen Umgang mit Lehrern und Hörern der Theologie mancherlei
irrige Vorstellungen zu berichtigen und weitverbreitete Vorurteile abzulegen. Wenn
die Befürchtungen begründet wären, welche von ängstlichen Katholiken wie von ezxklu-
siven Protestanten gegen die Eingliederung der katholischen Theologie in die Hoch-
schulen gehegt werden, dann müßten längst alle an Universitäten Theologie lehrenden
und hörenden Katholiken zum Protestantismus abgefallen, alle an Hochschulen mit
katholisch-theologischen Fakultäten wirkenden oder studierenden Protestanten romanisiert,
die Universitäten selbst ruiniert sein. Wer an die Vorteile der von den Extremen hüben
und drüben geschmähten Fakultäten für das gesamte nationale Leben nicht glaubt, der
höre eine Stimme aus einem Lande, das sie früher besaß und dann eingehen ließ. P. Vil-
lari, als akademischer Lehrer, als Forscher und als Staatsmann gleich geschätzt, zog die
Summe eines dem Dienste des Vaterlandes geweihten Lebens in folgendem Urteil:
„Wir mußten die theologischen Fakultäten unterdrücken, und glaubten damit einen großen
Schritt zur Freiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaft zu tun. Aber damit entfiel
in der Universitas studiorum, die doch die Enzpyklopädie alles Wissenswerten darstellen
sollte, alles das, was uns mit der Zukunft verknüpft, und der Geist der Zugend entfernte
sich immer mehr von dem Studium der religiösen Probleme. Wir vergaßen, daß in
Deutschland und anderwärts die theologischen Fakultäten stets der Nährboden der größten
Philosophen waren, und so viel zum religiösen, wissenschaftlichen und kulturellen Fort-
schritt der Zeit beigetragen haben. So verschwand in Ztalien jede ernstliche theologische
Literatur, jedes ehrliche Studium der Entstehung des Christentums und der Kirche. Der
Klerus erhielt seine Erziehung nur mehr in den Seminarien, denen der wissenschaftliche
Geist und die Berührung mit der Gesellschaft, welche jener zu leiten berufen war, gänzlich
fehlten. Wie anders in Oxford und Cambridge, wo das Prinzip jeder wahrhaft liberalen
Erxziehungherrscht, die gemeinsame Erziehung der Geistlichen und Laien! Diese auseinander
gerissen zu haben, gleichgültig aus welchem Grunde, war für uns ein sehr schweres Unglück.“
Es ist ebenso ein Zeichen konfessioneller Unbefangenheit wie kirchenpolitischer und
staatsmännischer Weisheit, wenn nicht nur die theologischen Fakultäten Altdeutschlands
erhalten und geschützt, sondern auch langwierige und umständliche Verhandlungen mit
Rom nicht gescheut wurden, um an der Universität der Reichslande eine neue zu errichten.
So ist denn im Deutschen Reiche für die Bildung und Erziehung der Kandidaten des
Sonstige theologische katholischen Priestertums reichlich gesorgt. Neben den theo-
Bildungsanstalten. logischen Fakultäten zu Bonn, Braunsberg, Breslau, Mün-
ster, München, Würzburg, Tübingen, Freiburg und Straß-
burg bestehen dreizehn Priesterseminare und dazu noch sieben Lyzeen in Bapern. Auch
die beiden letztgenannten Kategorien von Instituten haben großenteils treffliche Kräfte,
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