vor Aristoteles und Platon. 159
in der griechischen Welt gewesen sein. Herodot führt nämlich
bei der Gründung des persischen Reiches drei Sprecher unter
den sieben Häuptern der siegenden Perser auf, von denen der
Eine, Otanes, die Demokratie als die künftige Herrscherform
preist, Megabyzus dagegen, der zweite, die Aristokratie; Darius
aber die Monarchie. Es wird niemanden einfallen zu behaupten,
dass wirklich eine solche Untersuchung staltgefunden, noch we-
niger aber, dass die sehr gewichtigen, den Stempel langer und
ernster Beobachtungen an sich tragender Gründe, die hier ange-
führt werden, der Debalte der persischen Grossen entnommen
seien. Sie zeigen vielmehr, dass die Griechen jene drei Begriffe
schon hundert Jahre vor Aristoteles vollkommen kannten, und
mit ihnen zu rechnen wussten, und dass Aristoteles daher in
dieser Beziehung durchaus nichts eigentlich Neues zu schaffen,
ja kaum etwas Unklares zu ordnen halle. Uns will es vielmehr
scheinen, als habe die Unterscheidung jener drei Kategorieen der
Staalsform einen Theil der politischen Erziehung der
Freien ausgemacht. Es ist nicht wahrscheinlich, dass ne-
ben dem Unterricht in allen andern auf den Staat bezüglichen
Dingen die freie Jugend, die ja die Verfassung des eignen Staats
und so auch die der andern kennen lernen musste, nicht zu einer
scharfen Unterscheidung jener Formen Anleitung gehabt haben
sollte. Wäre denn nun auch das nicht — wir wenigstens kön-
nen die Sache nicht mit Stellen belegen — so ist doch so viel
unzweifelhaft, dass jene Unterscheidung im Munde und Geiste
aller Griechen war. Wir sehen dies auf jeder Seite namentlich
im Thucydides so wie er nur irgendwie von den innern Ver-
hältnissen zu reden hat; und dass dabei der Ausdruck „Aristo-
kratie“ nicht oder doch wohl nur sehr selten vorkommt (ich
habe kein Beispiel gefunden) sondern statt dessen stels jene
schon früher citirten allgemeinen Bezeichnungen, Oligarchie, Herr-
schaft des Mächligen, der Grossen u. s. w. lag natürlich darin,
dass er eben eine Geschichte schrieb und keine Theorie. Un-+
terläge die Sache aber noch einem Zweifel, so würde die fol-
gende Stelle des Aristoteles uns darüber aufklären; denn sie zeigt
nicht allein, dass man jene Begriffe sehr genau kannte und auch
im Stande war, Anwendungen derselben auf das praktische Leben