Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

4166 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen 
sie dagegen schlecht seien, die beste.* Obwohl wir nicht an- 
zugeben im Stande sind, wen Aristoteles hier meint, so sehen 
wir doch aus diesem kurzen Cilat, dass es schon vor Aristoteles 
Schriftsteller über politische Dinge gab, denen es auf eine Handvoll 
Ungenauigkeit nicht ankam, wenn sie eine geistreiche Bemer- 
kung an den Mann bringen wollten. 
Kaum zu den eigentlich literarhistorischen Notizen wird man 
die Bemerkung des Aristoteles rechnen !), dass Charondas die 
Glieder der Familie Tischgenossen (oöwoorrvovg), Epimenides 
der Kreier sie aber Heerdgenossen nennt (öuoxarıvovs). 
Eben so wenig möchte ich auf eine eigentlich publicistische 
Arbeit schliessen, wo Aristoteles bemerkt, dass der Sophist 
Lycophron sich über das Wesen des Geselzes in einem Staat, 
in welchem die Tugend der Bürger nicht eine wesentliche Auf- 
gabe des Ganzen sei, dahin ausgedrückt habe „dass alsdann aus 
dem Gesetze eine Vereinbarung, ein Bürge für die gegen- 
seitigen Gerechtsame werde, aber ohne Kraft, die Bürger 
gut und gerecht zu machen“ ?). Dennoch ist diese Noliz über 
diese Aeusserung des Lycophron sehr interessant, mag sie nun 
eine beiläufige gewesen sein, oder den Gegenstand einer eigenen 
Schrift gebildet haben. Sie zeigt nämlich, dass die griechische 
Rechtsphilosophie wenigstens die rein Fichlische Auffassung des 
Gesetzes und Rechts recht wohl kannte, nach welcher das Recht 
(nicht blos wie seit Hobbes der Staat) eine Vereinbarung der an 
sich unendlich berechligten Einzelnen ist,. sich gegenseitig um 
ihres gegenseiligen Vortheils ‚willen in der Ausübung dieses un- 
endlich persönlichen Rechts zu beschränken, wie sie aber diesen 
Standpunkt schon vor Aristoteles selbst bei den Sophisten über- 
wunden halten und der im Gesetze thätigen That eine positive, 
ethische Aufgabe stellten. — Will man weiter sagen, es habe 
hier sogar schon der Keim zur Besserungstheorie im Strafrecht 
gelegen, so spricht freilich nichts dagegen, aber auch nichts 
dafür. 
Dies nun ist es, was wir über die Literatur in Beziehung 
1) Pol. I. 1. 6. 
2) Pol. II, 5. 11.
	        
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