Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

württembergische Agrarverhältnisse, 231 
Oberndorf um 38 Prozent wuchs. Dort hat also die Gebunden- 
heit des Besitzes wie seine Verkleinerung verhindert so auch 
eine allzustarke Vermehrung der Bevölkerung. Hier war im 
Allgemeinen Freiheit; weder eine gesetzliche Schranke, noch 
eine durchgreifende Sitte hat sich neuen Ansiedlungen entgegen- 
gestellt, und die Bevölkerung hat von dieser Freiheit reichlichen, 
nur zu reichlichen Gebrauch gemacht. Dafür ist aber auch dort 
der ökonomische Zustand im Ganzen gut, zum Theil sehr be- 
friedigend, hier, wie aus den vorhergehenden Angaben über 
Gantenzahl und Vichstand hervorgeht, im Ganzen gering und 
leider im Sinken begriffen. Will man nun jene Bezirke deshalb 
beklagen, Jass sie keine Freiheit gehabt haben, oder diese wegen 
dieses Besitzes preisen? Kein Mensch, der für persönliche 
Selbstsländigkeit nur etwas Sinn hat, wird diese Freiheit der 
Niederlassung und des Verkehrs nicht für etwas Herrliches achten. 
Aber, wie schon oben gesagt, sie erfordert die grosse Tugend 
der Selbstbeherrschung und sitllich kräftiger Besonnenheit. Wo 
diese fehlt, da ist die Freiheit kein Glück, die Schranke kein 
Unglück, sondern im Gegentheil die Gesetzgebung verdient Lob, 
wenn sie der menschlichen Unbesonnenheit und socialen Schlaff- 
heit zu Hülfe kommt. 
Wir haben bis jetzt die beiden entgegengeselzten Agrar- 
systeme, die wir im Lande haben, in zwei sie begleitenden 
Thatsachen betrachtet und es hal sich dabei das merkwürdige 
Resultat ergeben, erstlich, dass die Gegenden mit gröüsserem und 
geschlossenem Besitz die gegenwärlige Nothzeit verhältnissmässig 
leicht überstehen, während bei den Distrikten entgegengeselzter 
Art der ökonomische Druck unverkennbar schwer ist und zum 
Theil alles Maass übersleigt, zweitens, dass jene Gebiete an dem 
wichtigsten Theil des landwirthschaftlichen Betriebskapilals, dem 
Viehstand, nicht nur viel reicher sind, sondern auch, dass sie 
weit stärkere Fortschrilie darin gemacht haben, woraus sich mit 
höchster Wahrscheinlichkeit der Schluss ziehen lässt, dass sie 
auch in der landwirthschaftlichen Produktion weiter vorangekom- 
men sind als diese. 
Hier ist indess der Beweis für die Vortheile, welchen eine 
bestimmte, die Freiheit beschränkende Ordnung der Agrarverhält-
	        
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