über Armenpflege und Heimathsrecht. 31
in besondern Fällen Vortheile geniesst, welche die Frucht seiner
eigenen Leistungen sind. Er kann und soll durch Hilfe der Ver-
einigung mehr empfangen, als er gab, allein nicht auf Kosten
oder zur Beeinträchtigung Anderer ; er geniesst heute nur, was
er gestern für seinen Gefährten that, oder ihm morgen erweisen
wird. Beispiele solcher Verbindungen aus alter Zeit sind die
Genossenschaften der gewerblichen Korporalionen, welche ihren
Mitgliedern in bestimmten Fällen aus gemeinsamen Mitteln Bei-
hilfe gewährten. Ingleichen waren die Gemeinden nach ihrem
Ursprunge und ihrer älteren Verfassung, abgesehen von ihrem
politischen Charakter, Vereine in dem eben erwähnten Sinne.
Die Aufnahme in die Genossenschaft der Bürger oder Gemeinde-
mitglieder war von Bedingungen und Leistungen abhängig , und
gewährte dagegen gewisse Ansprüche. Wir heben unter dieser
hervor die Benutzung des Gemeindevermögens, die Beihilfe für
Befriedigung bestimmter Bedürfnisse (z. B. die Lieferung von
Brennholz), Anwartischaft auf eine Stelle in den milden Stiftungen
im Falle der Verarmung u. dgl.
Da die Gemeinden gegenwärtig von ihren Einwohnern Ab-
gaben erheben, um die Koslen der Armenpflege zu bestreiten
und die Enirichtung eines Einzugsgeldes auch dadurch moltivirt
wird, dass durch den Zuzug neuer Mitglieder die Verpflichtungen
der Armenkasse gesteigert werden, so ist es klar, dass durch
diese Leistungen auch gewisse Ansprüche begründet wer-
den. Auch heute noch ist also die Gemeinde mindestens theil-
weise als ein Verein oder eine. Genossenschaft zu gegenseiliger
Unterstützung anzusehen. Nur die Beziehung zwischen Anspruch
und Leistung ist aus den im Folgenden näher zu erörternden
Gründen verloren gegangen — zum Nachtheil beider, der Ge-
meinden wie der zu Unterstützenden.
Ansprüche auf Unterstützung werden ferner in grossem
Umfange begründet durch die Verhältnisse des Lohnes.
Es ist unzweifelhaft, dass die dem Arbeiter gewährte Unter-
stülzung in Krankheitsfällen, bei mangelnder Beschäftigung und
bei sinkenden Kräften in vielen Fällen nur als eine andere Form
anzusehen ist, in welcher ein Theil der Gegenleistung für seine
Dienste dargereicht wird.