398 Die volkswirtbschaftlichen Zustände des Königreichs Hannover
Rheinpreussen für den dortigen Fabrikbetrieb placirt worden,
sondern es werden diese und andere Zweige an ihren früheren
Orten nach wie vor und zwar mit vermehrter Capitalkraft be-
trieben.
Gerade nach und in Folge der Constituirung des grossen
Zollvereinsgebiets haben sich neben den alten Haupisitzen der
Industrie eine Menge grösserer und kleinerer industrieller Kreise
ausgebildet, weil bei der Freiheit des Verkehrs die verschie-
denen Gewerbe der Stoffverarbeitung überall da bleiben und. sich
erweitern oder dorthin sich ziehen können, wo sie die nalür-
lichen Bedingungen ihres Gedeihens vorfinden. Diese Bedin-
gungen sind aber nach der Natur und Beschaffenheit der einzelnen
Gewerbe sehr verschieden. Je nachdem inländische oder aus-
ländische Rohstoffe Gegenstand der Verarbeitung sind, je nach-
dem dieselben durch das Verhältniss ihrer Schwere und Volu-
minösität zu den Preisen mehr oder weniger von den Frachtkosten
getroffen werden, je nachdem der Preis des Fabrikates über-
wiegend schon in dem Preise des Rohstoffes enthalten war, oder
erst durch grossen Arbeitsaufwand gebildet wird, je nachdem
die Wohlfeilheit der Wasserkraft oder der Brennmaterialien für
manche Gewerbe den Ausschlag giebt, je nachdem die persön-
liche Berührung‘ mit reichen Consumenten von Einfluss für den
Absatz ist, wie bei manchen Mode- und Luxuswaaren, nach
diesen und anderen Momenten wird sich die Industrie eines
grossen Handels- und Zollgebietes über das ganze Land ver-
theilen und in ihren verschiedenen Zweigen neben einander auf-
blühen können: in den Seestädten und Küstengegenden Iroiz
höheren Arbeitslohnes, an den Stalionen schiffbarer Flüsse, in
den Gegenden mit intensiver Kultur, welche Handelsgewächse
aller Art und in denen mit gewöhnlichem landwirthschaftlichen
Betricbe oder extensiver Cultur, welche Getreide, Wolle, Häule,
Talg u. s. w. liefern, in dichibevölkerten Distrikten mit niedri-
gem Arbeitslohn und brauchbaren Arbeitern, in der Nähe der
Erz- und Steinkohlenfundorte, in dünnbevölkerten Waldgegenden
und einsamen Gebirgsthälern, sowie milten in den grossen Haupt-
und Residenzslädten, welche Hunderttausende von Einwohnern
zählen. |