Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 453
Lande, ebenso wenig dafür zu seyn. Nur ınuss man, wenn man
die Erfahrung zum Beweis herbeizieht, auch richtig vergleichen
und nicht etwa die Wirthschaft eines kleinen Landwirihs im un-
tern Neckarthal, der die intensivste Oekonomie treiben kann und
muss, den grossen Bauernwirthschaften im Allgäu oder im Schwarz-
wald gegenüberstellen, sondern man muss grössere und kleinere
Wirthschaften vergleichen, welche mit einander ähnliche ökono-
mische Verhältnisse haben und nach den vorhandenen Bedingun-
gen eine bestimmte Wirthschaft als die richtige befolgen sollten.
Dann aber wird man finden, dass in der Regel die grösseren
Bauern besser und glücklicher wirthschaften, als die kleinen und
kleinsten, denen es regelmässig an den nöthigen Betriebsmilteln
fehlt und die meist in der Lage sind, mit der Hacke und dem
Spaten den Pflug, mit vermehrter Arbeit die reichlichere Düngung
ersetzen zu müssen, und die nicht einmal den Vortheil der Klein-
wirthschaft haben, dass sie immer rechtzeitig mit der Erndte fertig
werden, weil sie hierin theils von den grösseren Wirthen ab-
hängig sind, die ihnen das Gespann dazu liefern müssen, theils
den Taglohnverdienst nicht entbehren können, der zur Erndtezeit
durch Arbeit bei Andern am reichlichsten zu verdienen ist. Man
wird sagen, solche kleine Wirthschaften seyen Extreme; nicht
das seyen die kleinen Güter, deren Wirthschaft man den grossen
gegenüber lobe, sondern man verstehe darunter solche, die etwa
die Arbeitsgrenze einer Familie erreichen. Das ist wahr; leider
aber bilden bei uns diese Extreme in unendlich vielen Gemeinden
die Regel, und man muss sie nothwendig mit in, Rechnung neh-
men, wenn man das Interesse der Landeskultur bei dem System
freier Theilbarkeit und kleiner Güter mit dem bei Bodengebun-
denheit und grösseren Gütern vergleicht. Es ist für die Theorie
der Oekonomie gewiss von Werth, zu untersuchen, welche Grösse
von Gütern bei den verschiedenen Wirthschaftssystemen den grössten
Roh- und den grössten Reinertrag geben. Vom Standpunkt der
praktischen Politik aber ist diess ganz gleichgültig, so lange es
kein brauchbares Mittel giebt, zu verhindern, dass nicht die Mehr-
zahl der Wirthschaften unter diese Grenze herabsinke. Dass das
Minimum kein solches brauchbares Mittel für unsre Verhältnisse
ist, glaube ich oben gezeigt zu haben. Eine neue gesetzliche