Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

526 Völkerrechtliche Lehre 
ihrem Vaterlande. Es ist diess so recht eigentlich die 
Flüchtlingsfrage. Die richtige Behandlung dieses Falles aber, 
abgesehen zur Zeit von positiven Rechten und Verträgen, 
somit lediglich nach Grundsätzen des philosophischen Rechtes, ist 
folgende: 
Präventiv-Maassregeln sind hier, der Natur’ der Sache 
nach, ganz ausser Frage; man müsste denn etwa Benachrichti- 
gungen von beabsichtigten Verbrechen ( falls man zufällig dies- 
seits zu ihrer Ertheilung im Stande wäre) dazu rechnen. 
Was aber die nach begangener That vorzunehmenden Schritte 
betrifft, so fragt es sich vor Alllem, ob der Staat überhaupt be- 
rechligt und ob er verpflichtet ist, fremde Unterthanen unter den 
eben bezeichneten Umständen in sein Gebiet zuzulassen, und ob 
also nicht die ganze Frage durch allgemeine Zurückweisung 
solcher Flüchtlinge beseitigt werden kann und muss? — Eine 
Verpflichtung im rechtlichen Sinne ist allerdings nicht 
vorhanden. Die Verbindlichkeit zur Aufnahme könnte ja nur 
bestehen gegen den verletzten Staat, gegen die zum Üebertritte 
Geneigten, oder mit Beziehung auf die eigene Aufgabe des Staates. 
Nun wäre es aber vollkommen lächerlich, von einer Verpflich- 
tung gegen den fremden Staat selbst, die vor seiner strafenden 
Gerechligkeit Flüchtenden aufzunehmen, auch nur zu sprechen. 
Wünscht ja der fremde Staat sogar, im Gegentheile, in der Regel 
die Habhaftwerdung der Flüchtlinge. Ebenso wenig besteht eine 
Verpflichtung, Fremde in. den Staatsverband gegen eigenen Willen 
aufnehınen zu müssen. Ueber einen solchen äussern Zuwachs 
zur Bevölkerung hat lediglich die Staalsgewalt in eigenem In- 
teresse zu enischeiden, und zwar ebenmässig, ob es sich von 
einer bleibenden Aufnahme in das Siaatsbürgerrecht oder nur 
von einem vorübergehenden Aufenthalte und Schutze handelt. 
Kein Fremder hat ein Recht, sich einer Staalsgesellschaft aufzu- 
drängen; und am wenigsten kann ein Zwangsrecht dadurch enl- 
stehen, dass der Fordernde ein Vergehen gegen sein bisheriges 
Vaterland begangen hat, und sich nun auch noch überdiess der 
geseizlichen Strafe zu entziehen sucht. Die Aufgabe des Staales 
endlich begreift jeden Falles nur die Zwecke des eigenen Volkes, 
und in diesen ist eine allgemeine Verpflichtung zum Schutze Frem-
	        
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