Full text: Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. 1870. (4)

233 — 
§. 189. 
Wer das Andenken eines Verstorbenen dadurch beschimpft, daß er wider 
besseres Wissen eine unwahre Thatsache behauptet oder verbreitet, welche den- 
selben bei seinen Lebzeiten verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung 
herabzuwürdigen geeignet gewesen wäre, wird mit Gefängniß bis zu sechs 
Monaten bestraft. 
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu drei- 
hundert Thalern erkannt werden. 
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern, der Kinder oder des 
Ehegatten des Verstorbenen ein. 
§. 190. 
Ist die behauptete oder verbreitete Thatsache eine strafbare Handlung, so 
ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen 
dieser Handlung rechtskräftig verurtheilt worden ist. Der Beweis der Wahrheit 
ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung vor der 
Behauptung oder Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist. 
§. 191. 
Ist wegen der strafbaren Handlung zum Zwecke der Herbeiführung eines 
Strafver fahrens bei der Behörde Anzeige gemacht, so ist bis zu dem Beschlusse, 
daß die Eröffnung der Untersuchung nicht stattfinde, oder bis zur Beendigung 
der eingeleiteten Untersuchung mit dem Verfahren und der Entscheidung über 
die Beleidigung inne zu halten, 
§. 192. 
Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Thatsache 
schließt die Bestrafung nach Vorschrift des §. 185. nicht aus, wenn das Vor- 
handensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung 
oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. 
§ 193. 
Tadelnde Urtheile über wissenschaftliche, künstlerische oder gewerbliche 
Leistungen,  ingleichen Aeußerungen, welche zur Ausführung oder Vertheidigung 
von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden, 
sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten gegen ihre Untergebenen, 
dienstliche Anzeigen oder Urtheile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle 
sind nur insofern strafbar, als das Vorhandensein einer Beleidigung aus der 
Form der Aeußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, 
hervorgeht. 
§. 194. 
Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein. 
Der Antrag kann bis zur Verkündung eines auf Sie lautenden 
Urtheils und bei der Verfolgung im Wege der Privatklage oder Privatanklage 
bis zum Anfange der Vollstreckung des Urtheils zurückgenonmnen werden. 
	        
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