Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Eides erbieten, selbst wenn der Eid bereits durch bedingtes Urtheil auferlegt ist. 
Auch können unerhebliche Umstände, welche in die Eidesform aufgenommen sind, 
berichtigt werden. 
§. 432. 
Ist der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, so kann, auch nach Eintritt 
der Rechtskraft, die Zuschiebung sowie die Zurückschiebung des Eides widerrufen 
werden, wenn der Schwurpflichtige wegen wissentlicher Verletzung der Eides= 
pflicht rechtskräftig verurtheilt oder wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Gegner 
erst nach erfolgter Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides von einer solchen 
Verurtheilung Kenntniß erlangt habe. 
§. 433. 
Wenn der Schwurpflichtige stirbt, wenn er zur Leistung des Eides unfähig 
wird oder wenn er aufhört gesetzlicher Vertreter zu sein, so können beide Par= 
teien in Ansehung der betreffenden Beweisführung alle Rechte ausüben, welche 
ihnen vor der Zuschiebung des Eides zustanden. 
Dasselbe gilt, wenn in Folge der Verurtheilung des Schwurpflichtigen 
wegen wissentlicher Verletzung der Eidespflicht die Zuschiebung oder Zurückschiebung 
des Eides widerrufen wird. 
Ist der Eid durch bedingtes Urtheil auferlegt, so wird unter Aufhebung 
des Urtheils in der Sache anderweit erkannt. 
§. 434. 
Der Eid über eine Thatsache, welche für ein allen Streitgenossen gegen= 
über nur einheitlich festzustellendes Rechtsverhältniß von Einfluß ist, muß allen 
Streitgenossen zugeschoben oder zurückgeschoben werden, sofern nicht rücksichtlich 
einzelner Streitgenossen die Zuschiebung oder Zurückschiebung unzulässig ist. In 
jedem Falle bedarf es zur Zuschiebung oder zur Zurückschiebung der über= 
einstimmenden Erklärung aller Streitgenossen. Ueber die Annahme des Eides 
haben, sich nur diejenigen Streitgenossen zu erklären, welchen der Eid zu= 
geschoben ist.   
Ist der von allen oder von einigen Streitgenossen zu leistende Eid von 
einem oder mehreren derselben, oder ist der von einem Theile der Streitgenossen 
zu leistende Eid von allen Schwurpflichtigen verweigert oder als von ihnen ver= 
weigert anzusehen, so entscheidet das Gericht nach freier Ueberzeugung, ob die 
Behauptung, deren Beweis durch Eideszuschiebung angetreten ist, für wahr zu 
erachten sel. Erklären einzelne Streitgenossen, daß sie den Eid nicht leisten 
werden, so ist in Ansehung der übrigen Streitgenossen die Leistung des Eides 
nicht anzuordnen oder der Eid nicht abzunehmen, sofern das Gericht denselben 
für unerheblich erachtet. 
§. 435. 
Ist eine Partei nicht prozeßfähig, so ist die Zuschiebung oder Zurück- 
schiebung des Eides nur an ihren gesetzlichen Vertreter und nur insoweit zulässig, 
als die vertretene Partei, wenn sie den Prozeß in Person führte, oder der Ver= 
treter, wenn er selbst Partei wäre, dieselbe zulassen müßte.
	        
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