Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 572. 
Die Parteien müssen in dem Sühnetermine persönlich erscheinen; Beistände 
können zurückgewiesen werden. 
Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien in dem Sühnetermine 
nicht, so verliert die Ladung ihre Wirkung. Erscheint der Kläger, aber nicht 
der Beklagte, so ist der Sühneversuch als mißlungen anzusehen. 
§. 573. 
Der Sühneversuch ist nicht erforderlich, wenn der Aufenthalt des Be= 
klagten unbekannt oder im Auslande ist, wenn dem Sühneversuche ein anderes 
schwer zu beseitigendes Hinderniß entgegensteht, welches von dem Kläger nicht 
verschuldet ist, oder wenn die Erfolglosigkeit des Sühneversuchs mit Bestimmtheit 
vorauszusehen ist. 
Ueber das Vorhandensein dieser Voraussetzungen entscheidet der Vorsitzende 
des Landgerichts ohne vorgängiges Gehör des Beklagten. 
§. 574. 
Bis zum Schlusse derjenigen mündlichen Verhandlung, auf welche das 
Urtheil ergeht, können andere als die in der Klage vorgebrachten Klagegründe 
geltend gemacht werden. 
Das neue Vorbringen und die Erhebung einer Widerklage ist von einem 
Sühneversuche nicht abhängig. 
§. 575. 
Die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens, die Ehescheidungsklage 
und die Ungültgkeitsklage können verbunden werden. 
Die Verindung einer anderen Klage mit den erwähnten Klagen sowie 
die Erhebung einer Widerklage anderer Art ist unstatthaft. 
§. 576. 
Der mit einer Ehescheidungsklage oder einer Ungültigkeitsklage abge= 
wiesene Kläger kann Thatsachen, welche er in dem früheren Rechtsstreit oder 
welche er durch Verbindung der Klagen hätte geltend machen können, als 
selbständigen Klagegrund nicht mehr geltend machen. Ein gleiches gilt für den 
Beklagten in Ansehung der Thatsachen, auf welche er eine Widerklage zu gründen 
im Stande war. 
§. 577. 
Die Vorschriften über die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Er= 
klärung über Thatsachen oder über die Echtheit von Urkunden, die Vorschriften über 
den Verzicht der Parteien auf die Beeidigung der Zeugen und Sachpverständigen, 
sowie die Vorschriften über die Wirkungen eines Anerkenntnisses, eines gerichtlichen 
Geständnisses und die Erlassung eines Eides kommen nicht zur Anwendung. 
Die Eideszuschiebung und der Antrag, dem Gegner die Vorlegung einer 
Urkunde außzugeben, sind nicht zulässig, soweit es sich um Thatsachen handelt, 
welche die Trennung, Ungültigkeit oder Nichtigkeit der Ehe begründen sollen. 
Reichs-Gesetzbl. 1877. 26
	        
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