Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 230. 
Der erschienene Angeklagte darf sich aus der Verhandlung nicht entfernen. 
Der Vorsitzende kann die geeigneten Maßregeln treffen, um die Entfernung 
desselben zu verhindern; auch kann er ihn während einer Unterbrechung der 
Verhandlung in Gewahrsam halten lassen. 
Entfernt der Angeklagte sich dennoch, oder bleibt er bei der Fortsetzung 
einer unterbrochenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in seiner Abwesenheit 
zu Ende geführt werden, wenn seine Vernehmung über die Anklage schon 
erfolgt war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich 
erachtet. 
§. 231. 
Beim Ausbleiben des Angeklagten kann zur Hauptverhandlung geschritten 
werden, wenn die den Gegenstand der Untersuchung bildende That nur mit 
Geldstrafe, Haft oder Einziehung, allein oder in Verbindung mit einander, 
bedroht ist. 
In solchen Fällen muß der Angeklagte in der Ladung auf die Zulässigkeit 
dieses Verfahrens ausdrücklich hingewiesen werden. 
§. 232. 
Der Angeklagte kann auf seinen Antrag wegen großer Entfernung seines 
Aufenthaltsorts von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung 
entbunden werden, wenn nach dem Ermessen des Gerichts voraussichtlich keine 
andere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen oder Geldstrafe oder Ein= 
ziehung, allein oder in Verbindung mit einander, zu erwarten steht. 
In diesem Falle muß der Angeklagte, wenn seine richterliche Vernehmung 
nicht schon im Vorverfahren erfolgt ist, durch einen beauftragten oder ersuchten 
Richter über die Anklage vernommen werden. 
Von dem zum Zwecke der Vernehmung anberaumten Termine sind die 
Staatsanwaltschaft und der Vertheidiger vorher zu benachrichtigen; ihrer An= 
wesenheit bei der Vernehmung bedarf es nicht. Das Protokoll über die Ver= 
nehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen. 
§. 233. 
Insoweit die Hauptverhandlung ohne Anwesenheit des Angeklagten statt= 
finden kann, ist letzterer befugt, sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht ver= 
sehenen Vertheidiger vertreten zu lassen. 
§. 234. 
Hat die Hauptverhandlung ohne Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, 
so kann derselbe gegen das Urtheil binnen einer Woche nach der Zustellung die 
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter gleichen Voraussetzungen wie gegen 
die Versäumung einer Frist nachsuchen. 
War jedoch der Angeklagte auf seinen Antrag von der Verpflichtung zum 
Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden, oder hatte derselbe von 
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