Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

— 35 — 
seitens Badens Genüge geleistet wurde, so handelt es sich um eine 
Frage, deren Lösung in den Bereich der Reichskompetenz fällt; denn 
es steht die Verletzung eines Reichsgesetzes, somit einer verfassungs- 
mäßigen Bundespflicht in Frage. 
Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß der Bundesrat 
jederzeit befugt ist, sowohl die Vorbereitung seiner Rechts= als auch 
die der Exekutionsentscheidung einem der aus seiner Mitte gewählten 
dauernden oder je nach der Lage der Sache und der Materie einem 
speziell für die konkrete Angelegenheit ernannten außerordentlichen 
Ausschusse zuzuweisen. Derartige Ausschüsse entwicheln jedoch keinerlei 
selbständige Tätigkeit, da ihnen nur beratende und vorbereitende Funk- 
tionen zukommen, niemals oder höchstens in sehr untergeordneter Weise 
eine eigentliche Beschlußfassung, die Entscheidung liegt vielmehr im 
Bundesrate selbst. Seydel wirft noch eine andere Frage auf.)) Kann, 
wenn etwa der Bundesrat nicht versammelt sein sollte, der Beschluß 
des Bundesrates über die Exehution auch im Wege schriftlicher Um- 
frage bei den Bundesregierungen ohne Dazwischenhunft der Bevoll-= 
mächtigten bewirkt werden? Auch dieses Auskunftsmittel dürfte für 
den Notfall als nicht ausgeschlossen erachtet werden; denn es ist kein 
Grund einzusehen, weshalb die Auftraggeber nicht das beschließen 
können, was die Bevollmächtigten zu beschließen befugt sind. Im 
Gegensatze hiezu behauptet Hänel,:) daß nur den Mitgliedern des 
Bundesrates als solchen und nur innerhalb der Körperschaft das Recht 
der Teilnahme an der Beschlußfassung zustehe. Allein die Reichs- 
verfassung läßt weder ihrem Wortlaute noch ihrem Geiste nach eine 
solche formalistische Auffassung zu. 
Bei der Frage, ob die Voraussetzungen zur Exekution gegeben 
sind, nimmt Seydel einen von der Ansicht der übrigen Staatsrechts- 
lehrer abweichenden Standpunkt ein.) Es sei ein Unterschied dahin 
zu machen, ob sich der Streit um das Recht überhaupt oder nur um 
die Anwendung des unbestrittenen Rechtes drehe. Im letzteren Falle 
sollte einfache Mehrheit im Bundesrate entscheiden. Beim Streite um 
das Recht sei dagegen, falls nicht Vereinbarung auf schiedsrichterlichem 
1) OZeydel S. 145 fg. 
„s) Hänel I1 5. 243 fg. 
2) Seydel, Kom. S. 189. 
Seydel bei Holtzendorff (Jahrbuch f. Gesetzgebung 1879) S. 287 fg. 
Gleiche Ansicht Arndt S. 111. 
Hänel 1 5. 448. 
Rönne S. 69. 
Zorn I ÖS. 140. 
Meyer S. 678. 
Zorn stimmt H. 175 Seydel zu. Schilling SÖ. 82 erklärt diesen Wider- 
spruch damit, daß auf S. 140 in dem Satze: „Der Weg der authentischen Gesetzes- 
deklaration ist nicht erforderlich,“ zwischen den beiden letzten Worten ein „stets“ 
oder „immer“ versehentlich ausgefallen ist, dann wäre aber Zorn ein Vertreter 
der Ansicht Seydels. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.