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die Stelle der bisherigen Alleinherrschaft. Wenn ferner in einer
Erbmonarchie der rechtmäßige Monarch von Seiten einer andern
physischen Person verdrängt wird, so findet entweder nur ein Wechsel
der Person des Souverains oder ein Wechsel der Dynastie statt, je
nachdem der Usurpator eventuell als Mitglied des Herrschergeschlechts
zum Throne berufen war oder nicht 5); die Ersetzung der ältern
Bourbonenlinie durch die jüngere in Folge der Julirevolution ist
ein Beispiel der ersten Kategorie, die Verdrängung der Merowinger
durch die Karolinger ein Beispiel der zweiten. — Für den juristi-
schen Begriff der Usurpation ganz gleichgiltig ist es, ob der Usur-
pator ein Fremder oder ein Staatsgenosse ist, ob die Usurpation
sich durch Waffengewalt eines fremden Staates (Eroberung) oder
durch eine gewaltsame Erhebung bisheriger Unterthanen (Revo-
lution) oder ohne jede Gewaltanwendung vollzieht 5), ob dieselbe
sittlich zu billigen ist oder nicht 7).
Das Wort „legitim“" gebrauchen wir, in Uebereinstimmung
mit mehreren ausgezeichneten Rechtslehrern der Neuzeit 3), als gleich-
bedeutend mit „rechtmäßig". Bei den Römern bezeichnet es aller-
dings zunächst nur das aus den Volksgesetzen, namentlich dem Zwölf-
tafelgesetz, entspringende Recht, aber hat dann eine weitere Aus-
dehnung mindestens auf das gesammte Civilrecht erhalten 7). Für
uns ist der Unterschie# zwischen ius civile und ius honorarium
hinweggefallen; wir sind in unserer Rechtssprache gewohnt, das Ge-
setz als den vollkommensten Ausdruck des Rechts mit dem Recht
selbst gleichzustellen; dadurch rechtfertigt sich die Identificirung der
Legitimität und der Rechtmäßigkeit. Daß die Bezeichnung „legitim“
gerade im öffentlichen Rechte besonders viel angewandt wird, ist
5) Nur dieses Moment ist von juristischer Bedeutung, nicht die faktische
Verschiedenheit, ob ein Berechtigter oder mehrere Berechtigte verdrängt, resp. über-
gangen sind. OZ
6) Ohne Grund Held, Verfassungsrecht, II, S. 707: „Wo keine wahre Re-
volution, da kann auch keine wahre Usurpation sein“.
7) Anderer Ansicht sind Bluntschli, Allgemeines Staatsrecht, II, S. 24 und
Trendelenburg, Naturrecht, S. 300.
8) Warnkönig, Rechtsphilosophie, S. 419—420; H. A. Zachariä, I, # 21,
III; Bluntschli. im Staatswörterbuch, VI, S. 354. — Eine ziemlich bunte Reihe
neuerer Definitionen dieses Begriffs hat Held (Ueber Legitimität, S. 5—9) zu-
sammengestellt.
9 Vgl. Dirksen, Manuale latinitatis fontium iuris civilis Romanorum,
s v. legitimus und s. v. honorarius.
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