Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

228 Anhang. Anlage Nr. 8. 
befugnis überhaupt besonderen Beschränkungen zu unterwerfen. Das 
Bedürfnis solcher Beschränkungen sei rein polizeilicher Natur und trete 
nicht nur da, wo die Anhäufung bestrafter Verbrecher, z. B. am Orte 
einer Strafanstalt, erhebliche Nachteile mit sich führe, sondern auch an 
solchen Orten ein, wo der Zuwachs der Bevölkerung präsumtiv den 
Interessen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit widerstreite. So 
gebe es Orte, deren Bevölkerung in der Mehrzahl vom Diebstahl lebe, 
der ganzen Umgebung zur Plage gereiche und moralisch unglaublich ver- 
sunken sei. Andere Orte mit unzureichenden Erwerbsquellen seien außer- 
stande, die Armenlast zu tragen. — Die Kommission des Staatsrates 
blieb auch diesen Ausführungen gegenüber bei dem Prinzip des Ent- 
wurfes stehen, erkannte aber einstimmig an, daß, soweit es sich um be- 
strafte Subjekte handle, der Zweck des Ministers vollständig durch die 
Bestimmung jenes § 4 sich erreichen lasse. 
Mehrfach ist endlich auch im Laufe jener Beratungen die Stellung 
des § 4 zum Strafrecht und zu der strafrechtlichen Institution der polizei- 
lichen Aufsicht berührt worden. Von dem Landtage der Rheinprovinz, 
in deren größtem Teile schon damals das Institut der Polizeiaufsicht 
auf Grund richterlichen Strafurteils mit der Wirkung der Aufenthalts- 
bestimmung durch die Landespolizeibehörde bestand (code pénal Art. 44 ff.), 
war das Verhältnis des § 4 zur Handhabung des Strafrechts in Er- 
wägung gezogen worden. Die Motive des umgearbeiteten Entwurfs 
(S. 89) beschränken sich in dieser Hinsicht auf folgende Anführung: 
„B. Der Landtag von Rheinland wünscht zu §§ 3 und 4 eine 
andere, nach seiner Meinung minder beschränkende Fassung, die 
aber lediglich auf dem rheinisch-französischen Strafrecht beruht 
und daher, als nicht allgemein passend, nicht angenommen werden 
kann. Beide Paragraphen, meint derselbe, sollen sich nämlich auf 
den Satz beschränken, daß die Verlegung des Wohnsitzes und resp. 
Aufenthaltes nur dem, welcher infolge der Strafgesetze und eines 
darauf gegründeten Urteils unter die besondere Aussicht der 
Staatspolizei gestellt worden, versagt, oder vielmehr auch in 
diesen Fällen solche nur von der auf Antrag der Regierung er- 
teilten Genehmigung des Ministerii des Innern abhängig gemacht 
werden könne." « 
Von anderer Seite war angeregt worden, den Gemeinden ein 
Recht zur Ausweisung bestrafter Personen für den Fall zu geben, daß 
letztere innerhalb eines Probejahres nach der Entlassung aus dem Straf- 
orte ein neues Verbrechen verübten. Der Referent der Kommission des 
Staatsrates sprach sich über diesen Vorschlag, nachdem er zunächst dessen 
Unhaltbarkeit bei Heimatlosigkeit der Verbrecher ausgeführt hatte, dahin 
aus: „Sofern aber der Vorschlag den Verbrecher trifft und diesem nach
	        
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