Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

46 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. S 7. 
c) Wenn der um die Aufnahme Nachsuchende Aufenthalts- 
beschränkungen unterliegt (8 3 Abs. 1 d. Freizügigkeitsgesetzes). 
Derartige Aufenthaltsbeschränkungen können auferlegt werden: 
I. Auf Grund richterlicher Erkenntnisse. 
Nach § 38 St G. kann in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen auf 
die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden. Die höhere Landespolizei- 
behörde (Verwaltungsbehörde) erhält durch ein solches Erkenntnis die Befugnis, 
nach Anhörung der Gefängnisverwaltung den Verurteilten auf die Zeit von 
höchstens 5 Jahren unter Polizeiaufsicht zu stellen. Diese Zeit wird von dem 
Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen 
ist. Die Polizeiaufsicht hat nach § 39 St GB. hinsichtlich der Reichsangehörigen 
die Wirkung, daß dem Verurteilten der Aufenthalt an einzelnen bestimmten 
Orten — nicht an dem Heimatorte — untersagt werden kann. 
Hinsichtlich der unter Polizeiaussicht gestellten Reichsangehörigen, welche 
sich in einen anderen Bundesstaat begeben, ist durch Bundesratsbeschluß vom 
10. Juni 1872 (uvgl. MBl. 1872 S. 193) folgendes verfügt worden: 
„1. Bezüglich solcher Personen, gegen welche in einem Bundesstaate 
auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden ist, kann, falls sie sich 
in einen anderen Bundesstaat begeben, die Stellung unter Polizeiaufsicht 
auch von derjenigen Landespolizeibehörde ausgesprochen werden, in deren 
Bezirke sie Aufenthalt nehmen. 
Jede Landespolizeibehörde, von welcher die Stellung eines Verurteil- 
ten unter Polizeiaufsicht angeordnet wird, hat hiervon, sofern derselbe in 
einem anderen Bundesstaate verurteilt worden, oder heimatangehörig ist 
oder seinen Aufenthalt hat, jeder der hierbei beteiligten Landespolizeibehörden 
des anderen Staates Mitteilung zu machen. 
2. Die in § 362 Abs. 2 u. 3 St GB. erwähnten Befugnisse werden in 
allen Fällen durch die Landespolizeibehörde desjenigen Bundesstaates aus- 
geübt, in welchem die Verurteilung erfolgt ist.“ 
Vgl. auch Verfügung des preuß. Min. d. J. vom 30. Nov. 1902 (Ml. 
i. V. 1903 S. 8) über die Frage, ob auch auf Grund von reichsgesetzlichen. 
Vorschriften der Aufenthalt nach § 3 des Freizügigkeitsgesetzes untersagt werden 
kann, obwohl hier nur die landesgesetzlichen Bestimmungen über Aufenthalts- 
beschränkungen erwähnt sind. 
II. Vorläufig entlassenen Strafgefangenen. 
Nach den §§ 23—25 St G. können die zu einer längeren Zuchthaus- 
oder Gefängnisstrafe Verurteilten, wenn sie drei Vierteile, mindestens aber ein 
Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut 
geführt haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig entlassen werden; der Beschluß 
über die vorläufige Entlassung, sowie ev. über einen Widerruf ergeht von der 
obersten Justizaussichtsbehörde. 
Die vorläufig entlassenen Strafgefangenen unterliegen der besonderen 
87.
	        
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