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8. 14.
Über die mündliche Verhandlung vor dem Seemannsamt ist ein Protokoll aufzunehmen,
welches die Namen der an der Verhandlung Beteiligten enthalten, den Gang und die Ergebnisse der
Verhandlung, insbesondere auch der Vernehmungen, im wesentlichen wiedergeben und die Entscheidung
im Wortlaut anführen muß. Die Protokollführung ist, sofern sie nicht durch den leitenden Beamten
erfolgt, einem vereidigten Protokollführer oder einem Beisitzer des Seemannsamts zu übertragen.
Das Protokoll ist von dem leitenden Beamten und, sofern es von einem anderen geführt wird, auch
von diesem zu unterzeichnen.
8. 15.
Trägt der Angeschuldigte gegen den Bescheid auf gerichtliche Entscheidung an, so hat das
Seemannsamt den Zeitpunkt des Einganges des Antrags zu vermerken und ohne Rücksicht darauf, ob
die Frist gewahrt ist, die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem für die weitere Verhandlung zuständigen
Gerichte vorzulegen.
8. 16.
Die Zustellungen im Verfahren vor dem Seemannsamt erfolgen, wenn dieses seinen Sitz im
Reichsgebiete hat, nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zustellungen von Amts
wegen (88. 208 bis 212 der Zivilprozeßordnung) mit der Maßgabe, daß die Obliegenheiten des Vor-
sitzenden des Prozeßgerichts und des Gerichtsschreibers von dem Seemannsamte wahrgenommen werden,
und daß die Zustellung auch durch einen Beamten des Seemannsamts vollzogen werden kann.
Hat das Seemannsamt seinen Sitz in einem Schutzgebiete, so erfolgen die Zustellungen nach
den in dem Schutzgebiete für Zustellungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten geltenden Vorschriften
mit der Maßgabe, daß die Obliegenheiten der bei der Zustellung mitwirkenden Beamten von dem
Seemannsamte wahrgenommen werden.
Hat das Seemannsamt seinen Sitz im Auslande, so erfolgen die Zustellungen an Personen
im Auslande nach den für Zustellungen durch die Konsuln geltenden Vorschriften mit der Maßgabe,
daß das Seemannsamt bei Zustellungen außerhalb seines Bezirkes die erforderlichen Ersuchungsschreiben
erläßt. Zustellungen an Personen im Reichsgebiet erfolgen durch die Gerichtsvollzieher; der §. 162
des Gerichtsverfassungsgesetzes findet entsprechende Anwendung. Zustellungen an Personen in den
Schutzgebieten erfolgen durch Ersuchen der zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten.
Die Zustellung kann auch durch Aushändigung des Schriftstücks gegen einen Empfangsschein
derjenigen Person erfolgen, für welche das Schriftstück bestimmt ist.
17.
Diese Verordnung tritt am 1. April 10 in Kraft.
Berlin, den 13. März 1903.
Der Reichskanzler.
In Vertretung: Graf von Posadowsky.
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Anlage 2.
Geispiel für einen Einleitungsbeschluß nebst Ladung.
1. Der Jungmann Peter N. . .. aus Elbing, von dem deutschen Schiffe Sophie, Heimats-
hafen Danzig, Unterscheidungssignal . . . . . . . ... „
wird beschuldigt,
am 1. Mai 1903, Abends gegen 10 Uhr, während er die Wache hatte, auf Deck
» geschlafen zu haben und betrunken gewesen zu sein.
Ubertretung gegen §. 96 Abs. 2 Nr. 1, 7 der Seemannsordnung.
Beweis: Zeugnis des Kapitäns Johann E aus Neufahrwasser und des Steuer-
manns Ernst Wilhelm O . . . . .. aus Memel.
Die Bestrafung ist beantragt von dem Kapitän Johan E
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