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Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 21. März 1912 beschlossen:
die Bestimmungen des Beschlusses vom 23. Juni 1906 — & 521 der Protokolle — durch
folgende zu ersetzen:
„Für die Nacherhebung und Erstattung 1
von Zöllen (einschließlich des Lagerausgleichs und sonstiger Zollzinsen), .
von Reichssteuern (ausschließlich der Erbschaftssteuer und der Zuwachssteuer),
von Gebühren, · . - .. Z
von Ausfuhr= und sonstigen Abgabenvergütungen,
von Beträgen in Anrechnung genommener Einfuhr= und Kontingentscheine und auf-
gerechneter Kontingentswerte
gelten folgende Bestimmungen:
1.
Auf Antrag sind zuviel erhobene Beträge ohne Rücksicht auf ihre Höhe zurück-
zuzahlen, wenn der Antrag innerhalb der in dem Abgabegesetze vorgesehenen Ver-
jährungsfrist oder, sofern eine solche Frist nicht besteht, innerhalb eines Jahres
vom Tage der Erhebung an schriftlich oder mündlich gestellt wird. Bei der
Grundwechselabgabe beträgt die Frist zwei Jahre.
Auf Grund der im Buchprüfungsverfahren getroffenen Feststellungen sind
a) zu wenig erhobene Beträge nur nachzuerheben, wenn sie eine Mark oder
mehr betragen und die Verjährungsfrist — bei Gebühren die Frist eines
Jahres vom Tage der Fälligkeit an — noch nicht abgelaufen ist;
b) zu viel erhobene Beträge von Amts wegen nur zu erstatten, wenn sie fünf Mark
oder mehr betragen und die Uberhebung innerhalb eines Jahres — bei der
Grundwechselabgabe innerhalb zweier Jahre — vom Tage der Erhebung
an festgestellt worden ist. Als Tag der Feststellung gilt hierbei der Tag,
an dem die Absendung der Prüfungsverhandlung zur Beantwortung verfügt
worden ist.
Hebt der zum Empfange Berechtigte den zur Rückzahlung angewiesenen Betrag
innerhalb eines Jahres vom Tage der Anweisung an nicht ab, so ist der Betrag
als heimgefallen zu behandeln.
.Bei der Entscheidung über die Nacherhebungen oder Rückzahlungen ist jeder Beleg
(iedes Abfertigungspapier und dergleichen) insofern als ein für sich abgeschlossenes
Ganzes zu behandeln, als darin für jeden Abgabepflichtigen die zu viel und die
zu wenig erhobenen Beträge zusammengerechnet und die so gefundenen Summen
gegeneinander abgeglichen werden. Die sich alsdann für jeden Abgabepflichtigen
ergebende Schlußsumme ist für die Entscheidung maßgebend.
Die Bestimmungen unter 2 finden keine Anwendung auf das Stempelprüfungs-
verfahren und auf Nachforderungen, die im Zoll= und Steuerstrafverfahren oder
sonst außerhalb des Buchprüfungsverfahrens festgestellt werden.
mEntgegenstehende Bestimmungen, insbesondere § 56 der Branntweinsteuer-Grund-
bestimmungen und § 11 der Zollstundungsordnung, werden aufgehoben."
Berlin, den 11. April 1912.
Der Reichskanzler.
Im Auftrage: Jahn.