Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

W 1062 20 
eine Zufuhr fremder Wolle im Werte von min- 
destens 360 Millionen Mark nötig machte. 
Die Wolle ist neben der Baumwolle der 
weitaus wichtigste Rohstoff für die Textilindustrie, 
und zwar nicht nur zur Deckung des einheimi- 
schen Bedarfs an Wollwaren, sondern auch zur 
Herstellung von Ausfuhrartikeln. Die deutsche 
Wollindustrie war lange Zeit die erste unter 
unseren Ausfuhrindustrien. Bis zum Jahre 1900 
exportierte sie zwischen 5 und 7 v. H. des Wertes 
der deutschen Gesamtausfuhr. Seitdem ist sie 
(mit Ausnahme des Jahres 1902) hinter der 
Ausfuhr von Baumwollwaren, seit 1906 auch 
hinter der Ausfuhr von Maschinen zurückgetreten; 
Wollwaren stehen somit gegenwärtig an der 
dritten Stelle unter unseren Ausfuhrartikeln. 
Ihr Wert bezifferte sich im Jahre 1907 auf 
285,5 Millionen Mark oder 4,2 v. H. des Wertes 
der Gesamtausfuhr gegen 201,1 Millionen Mark 
oder 5 v. H. des Gesamtausfuhrwertes im Jahre 1898. 
Wie die eingangs gegebene Zusammenstellung 
zeigt, kommt weitaus die größte Menge der nach 
Deutschland eingeführten Schafwolle aus außer- 
europäischen Ländern. Als solche sind vor allem 
zu nennen: Argentinien, der Australische Bund, 
Britisch-Südafrika. Der Anteil des außereuro- 
päischen Auslands an der Gesamteinfuhr bezifferte 
sich im letzten Jahrzehnt auf 78 bis über 85 v. H. 
Im Jahre 1907 stammten 85,3 v. H. der von 
Deutschland eingeführten Wolle aus überseeischen 
Gebieten. Das europäische Ausland tritt dem- 
gegenüber als Lieferungsland zurück. 
Wie bereits eingangs erwähnt, ist die Menge 
der nach Deutschland eingeführten Wolle in er- 
heblich geringerem Maße gestiegen als der Preis. 
Bisher hat Deutschland auf die Preisbildung 
keinen Einfluß gehabt, da die Menge der von 
ihm erzeugten Wolle zu gering war, und hat 
deshalb die Verteuerung des Rohstoffs tragen 
und die mannigfachen Ungelegenheiten, die die 
Abhängigkeit von der Preisgestaltung des Aus- 
landes mit sich brachte, in Kauf nehmen müssen. 
Ahnlich wie mit der Wolle verhält es sich 
mit den übrigen tierischen Produkten, welche in- 
dustriellen Zwecken dienen. Die deutsche Leder- 
industrie z. B. kann seit langem nicht mehr den 
Verbrauch an Leder aus einheimischen Häuten 
befriedigen. Sie mußte im Jahre 1907 aus 
dem Auslande Felle und Häute im Gewicht 
von 185 095 t und im Werte von 344,1 Mil- 
lionen Mark einführen. 
Die Einfuhr der wichtigsten Felle nach Deutsch- 
land (wobei von den Pelztierfellen abgesehen 
wird) entwickelte sich im letzten Jahrzehnt, aus- 
gedrückt in Millionen Mark, folgendermaßen. 
  
Es wurden anel brn 
  
  
  
  
  
  
  
1898 18900 r 1901, 1002 
« 1 
Rindshäute 85,7 81,2 57½ 84,5 92,0 
Kalbfelle 5.6, 30.0 33.7 31.3) 4209 
Schafe u. Ziegenfelle 125 16,2 15.1 18,8 31,8 
126,8 127.4 — 137,6 166,2 
1003 190405 17 
Rindshäute . 1196 1388 141,7170,2143,7 
Kalbfell . 114 60.0 642 52,4 
Schafen Ziegenfele "P 853 51,9 76,51 309,8 
5 ——— 
  
  
  
Schaf= und Ziegenfelle sind zum überwiegenden 
Teil europäischen Ursprungs. Rindshäute dagegen 
werden vorwiegend von außereuropäischen Gebieten 
bezogen. Im Jahre 1907 stammten rund 74 v. H. 
der eingeführten Menge aus letzteren. Argentinien, 
Britisch-Indien, Brasilien, das übrige Amerika 
kommen als Hauptlieferungsländer in Betracht. 
Demgegenüber wurden ausgeführt (in Millionen 
Marl): 
  
  
  
  
  
  
  
  
1898 18901900 1001 1002 
Rindshäuue .26, 1 31,128, 3 34,44228 
Kalbfe 13,2 17.0 16. 520, 3 22, 
** u. giegenfelle 6,1 10,7 8.295,9 10,0 
45,4 "% 59,7 53,0 64,6 75,3 
1008 1004% 100040 
Rindshäute 39,6 42,046.2 45.9 43,9 
Kalbfelle 16,.7 21,3 24,7 17,6 18,2 
Schaf= u. ziegenfelle 11,00 12,0 13,8 11,0 8,.1 
675 758 84,7 75,4 702 
  
  
  
  
Vergleicht man mit dieser geringen Ausfuhr 
von Häuten und Fellen die sehr starke Ausfuhr 
von fertigem Leder und Lederwaren, so 
zeigt sich auch hier die Bedeutung, welche einer 
ausreichenden, sicheren und billigen Versorgung 
Deutschlands mit Lederrohstoffen zukommt. Im 
Jahre 1907 stellte sich der Wert der ausgeführten 
Halbfabrikate an Rind-, Kalb-, Schaf-, Ziegen- 
leder auf 148,2 Millionen, der der ausgeführten 
Lederwaren auf 81,7 Millionen Mark. 
Neben den beiden genannten tierischen Roh- 
stoffen verarbeitet die deutsche Industrie noch eine 
beträchtliche Menge anderer, die ebenfalls zum 
großen Teil aus dem Ausland bezogen werden. 
Rohe Straußenfedern z. B., die fast aus- 
schließlich aus Britisch-Südafrika stammten, wurden
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.