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zwei Siebentel, darunter der Küstenstrich, sind
vegetationslos, ein Siebentel ist nur in Jahren
guten Regenfalls zur Viehweide benutzbar. Die
Vorbedingungen für die Viehzucht sind nach
sachverständigem Urteil mindestens ebenso günstig
wie die der benachbarten Kapkolonie, in einzelnen
Teilen bedeutend günstiger. Die Kolonie hat
denn auch in früheren Zeiten ganz bedeutende
Bestände namentlich von Rindvieh beherbergt.
Es wird angenommen, daß vor dem Einzug der
Rinderpest, welche viele Bestände fast vernichtete,
zwei Millionen Stück Rindvieh in Deutsch-Süd-
westafrika vorhanden waren. Ein lebhafter Vieh-
handel wurde damals mit der benachbarten Kap-
kolonie getrieben. Heute sind diese Bestände bei
weitem noch nicht wieder aufgefüllt, jedoch ist das
nur eine Frage der Zeit. Inzwischen haben die
Arbeiten deutscher Forscher das Ihrige getan, um
die Viehzucht Südafrikas für die Zukunft auf eine
sichere Grundlage zu stellen. Die Frage der
Wasserversorgung, die von ußerster Wichtigkeit
ist, ist der Lösung näher gebracht worden, indem
geologische Untersuchungen das Vorhandensein von
Wasser an vielen Stellen festgestellt haben. Für
die Verhütung der Rinderpest geben die For-
schungen von Koch, der ein Schutzserum gegen
die pesterzeugenden Wirkungen des Stiches der
Tsetsefliege gefunden hat, die besten Aussichten.
Durch Versuche ist weiterhin festgestellt worden,
daß hochwertige europäische Rinder= und Schaf-
rassen auch in Südwestafrika gedeihen, und daß
durch Kreuzung mit denselben eine erhebliche Ver-
besserung des einheimischen Viehschlages erzielt
werden kann. Nach vorsichtigen Schätzungen wird
Deutsch-Südwestafrika unter Berücksichtigung der
vorhandenen Weideflächen und abgesehen von den
unsicheren Vegetationsgebieten in der Lage sein,
drei Millionen Rinder und 20 Millionen Stück
Kleinvieh zu ernähren. Die Bedeutung dieser
Zahlen erhellt, wenn die entsprechenden für
Deutschland zum Vergleich herangezogen werden.
Nach der Zählung vom 2. Dezember 1907 gab
es in Deutschland 20,6 Millionen Rinder, 7,7 Mil-
lionen Schafe, 3,5 Millionen Ziegen, von ersteren
also bedentend mehr, als Südwestafrika jemals
wird ernähren können. Dabei ist jedoch zu be-
rücksichtigen, daß unsere einheimische Rinderzucht
von ganz anderen Gesichtspunkten aus betrieben
wird, als es in einem dünn bevölkerten Kolonial-=
gebiet der Fall sein kann. In letzterem kann
das Hauptgewicht auf die Gewinnung von Häuten
und von Fleisch gelegt werden. In Deutschland
dagegen spielen die Gewinnung von Milch und
Butter eine weitaus größere Rolle. Nach den
Ergebnissen der Statistik über die Hausschlach-
tungen und üÜber die Schlachtvieh= und Fleisch-
beschau wurden im Deutschen Reich im Jahre 1907
rund 3,7 Millionen Rinder, 2,7 Millionen Schafe,
1,2 Millionen Ziegen geschlachtet — Zahlen, die
im Vergleich zum vorhandenen Bestand, soweit
Rinder in Frage kommen, gering erscheinen.
Eine zweckmäßige Ausnutzung Deutsch-Süd-
westafrikas zur Viehzucht ist im letzten Grunde
abhängig von der Schnelligkeit, mit der die Be-
siedlung des Landes Fortschritte macht. Es ist
demgemäß auch nicht annähernd anzugeben, in
welcher Zeit dies Schutzgebiet in die Reihe der
vieherzeugenden Länder eintreten wird. Ver-
besserung der Verkehrswege und damit verbundene
Verbilligung der Frachten werden die Erreichung
dieses Zieles beschleunigen und alsdann für das
Mutterland die Möglichkeit schaffen, aus seinem
Schutzgebiet erheblich größeren Nutzen zu ziehen als
bisher. Bisher spielte sich z. B. der größte Teil
des Handels Südwestafrikas in tierischen Produkten
mit der Kapkolonie ab. Von der an anderer
Stelle angegebenen Ausfuhr von lebendem Vieh
aus Südwestafrika ging nach der Kapkolonie:
1358 für 1200 Mk. 1903 für 2 337 092 Mk.
1899 121 000 = # 1904 ? -
3 126 240 = 1905 = 775 —-
1901 117730 = 1006 — -
1902 l1 022 497
Früher ebenfalls bedeutend und erst in den
letzten Jahren ganz erheblich gesunken ist der
Anteil, den die Kapkolonie von aus Südwestafrika
exportierten Straußenfedern aufnimmt:
1898 für 8 400 Mk. 1903 für 39 199 Mk.
1899 48 976 = 1904 -
1900 28895 - 15905 -1 o -
1901 31517 - 15906 - 21792 -
1902 = 44 180
Der Zukunft wird es vorbehalten sein, auch
den Transport nach der Küste rentabel zu machen.
Eigene Schlacht= und Kühlanlagen könnten alsdann
auch südwestafrikanisches Fleisch ebenso billig für
den Transport über See herrichten, wie es z. B.
heute in Australien geschieht. Es sei bei dieser
Gelegenheit erwähnt, daß im vergangenen Jahre
in Düsseldorf die „Deutsche Farmgesellschaft A.-G.“
mit einem Kapital von 5 000 000 Mk. begründet
wurde. Der Zweck der Gesellschaft ist: Einführung
des Farmbetriebs im großen in Deutsch-Südwest-
afrika und später die Errichtung von Fleisch-
konservenfabriken, wenn die Viehhaltung sich in
der Kolonie entsprechend ausgedehnt hat und die
Biehpreise auf einen Stand heruntergegangen sind,
der eine Verarbeitung zu Fleischkonserven ein-
träglich erscheinen läßt. Das großzügige Unter-
nehmen wird die wirtschaftliche Entwicklung der
Kolonie voraussichtlich in der günstigsten Weise
beeinflussen. Auch andere größere Farmbetriebe,