Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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und verwickelter ist sein innerer Bau. Wir haben 
es wohl mit einem seit uralten Zeiten nicht mehr 
vom Meere überfluteten und daher zu einem 
flachwelligen Hügelland abgetragenen Rumpf- 
gebirge zu tun, das aber in junger geologischer 
Vergangenheit von tiefgreifenden tektonischen 
Störungen betroffen wurde. Die Hochfläche 
wurde, einer geborstenen Glasscheibe vergleichbar, 
nach den verschiedensten Richtungen hin von 
Sprüngen durchsetzt, an denen sich die einzelnen 
Schollen verschoben. Die Erofion des Wassers 
und der Luft hat die durch tektonische Kräfte 
geschaffenen Täler und Becken weiter ausgestaltet; 
eine lebhafte vulkanische Tätigkeit, die, wie der 
Robert-Meyer-Krater im Kamerun-Gebirge lehrt, 
heute noch nicht ganz erloschen ist, hat weitere 
tiefgreifende Veränderungen des Landschaftsbildes 
hervorgerufen. Nicht in allen Fällen konnte ein 
Zusammenhang zwischen vulkanischen Schloten 
und Bruchlinien nachgewiesen werden, und auch 
ein im Oberflächenbilde Kameruns deutlich her- 
vortretender Graben, ein Gegenstück zu den groß- 
artigen tektonischen Einsenkungen des ost= und 
zentralafrikanischen Grabens, ließ sich nicht nach- 
weisen. Nur die breite, offenbar auf tektonische 
Kräfte zurückzuführende Furche, die sich vom Fuße 
des Kamerun-Gebirges aus als Bakundusenke, 
Mungotal und Tintokessel vorwärts zieht, um im 
Stromgebiet des Croß in den breiten Benue- 
graben überzugehen, könnte vielleicht im Verein 
mit letzterem als westafrikanischer Graben zu- 
sammengefaßt werden. Von den zahlreichen 
Seen, die meist als Krater= oder Maarseen an 
die Vulkangebiete gebunden sind, wurden acht 
ausgelotet (insgesamt 1005 Lotungen) und fol- 
gende größten Tiefen gefunden: Richardssce 
6,2 m, Sodensee 80,9 m, Elefantensee 111 m, 
die beiden Maare des Manenguba-Gebirges 92,9 
und 168,2 m, Bambuluesee 58,5 m, Mauwesee 
(nicht Mauwes) 52,4 m. Im großen Ndsee, 
wohl dem tiefsten Wasserbecken Kameruns, einer 
höchst merkwürdigen Kombination von Granitmulde 
und Maar, wurde bei 208 m kein Grund erreicht. 
Mit den Ablesungen der Barometer waren 
vor allem an den Orten, in denen die Expedition 
längere Zeit verweilte, auch meteorologische Beob- 
achtungen verbunden. Namentlich die höchsten und 
niedrigsten Tages= und Nachttemperaturen und die 
Regenmenge wurden so oft als möglich aufgezeichnet. 
Neben diesen eben kurz skizzierten Arbeiten 
wurde auch eine eifrige Sammeltätigkeit ent- 
faltet, um die sich besonders Herr Thorbecke 
verdient gemacht hat. So wurde eine hübsche 
Sammlung von Vogelbälgen und Tiersteletten 
zusammengebracht und die Pflanzenwelt charak- 
teristischer Landschaften, z. B. des Manenguba- 
Gebirges, des Bambulue= und Mauwesee-Gebietes 
usw. in ihren Hauptvertretern dem Herbarium 
  
einverleibt. Besonders reichhaltig erscheinen die 
ethnographischen Sammlungen, die namentlich im 
Bakossiland, in Bafut, Bafreng und Babungo, 
in Bamue, Banjo und in den interessanten Land- 
schaften des Dsachng-Bezirkes angelegt wurden. 
Dazu kommen viele Hunderte photographischer 
Aufnahmen von geographisch, ethnographisch oder 
wirtschaftlich bemerkenswerten Punkten und eine 
kleine Sammlung phonographischer Aufnahmen. 
Was die wirtschaftlichen Verhältnisse des durch- 
reisten Gebietes anbetrifft, so ist es vor allem ein 
Land der Olpalmen, die, nach Millionen zählend 
und stellenweise förmliche Wälder bildend, den 
hauptsächlichsten Reichtum Kameruns ausmachen 
und vielleicht eine wichtigere Rolle zu spielen be- 
rufen sind, als Baumwolle, Kakao und Kautschuk. 
Im Urwaldstiefland ist die Hauptnährfrucht der 
Eingeborenen die Plane (Banane), zu der sich 
auf dem Hochland der Mais gesellt. Unabsehbare 
Maisfelder riefen im Bakossiland, in Bamum 
und in vielen anderen Gegenden geradezu den 
Eindruck europäischer Kulturlandschaften hervor 
und lassen einen ausgedehnten Maisbau, wie er 
bereits seit einigen Jahren in Togo blüht, auch 
für Kamerun aussichtsvoll erscheinen. Tiefer ge- 
legene, sumpfige oder leicht zu bewässernde Mulden 
wie die Mbo-Ebene und der Tintokessel eignen 
sich, wie mehrere wohlgelungene Versuche be- 
weisen, trefflich zum Reisbau, und die auf dem 
Gras-Hochland schon jetzt sehr eifrig betriebene 
Erdnußkultur ist noch bedeutender Erweiterung 
fähig. Der Reichtum des Bansso= und Bekom- 
landes an Kolanüssen, den die handelstätigen, 
in ihrem ausgeprägten Geschäftssinn aber nicht 
immer ganz einwandfreien Haussa seit langem 
mit Gewinn ausnutzen, liefert einen der wert- 
vollsten Handelsgegenstände für den Sudan. 
Freilich ist die unerläßliche Voraussetzung zur 
gedeihlichen Erschließung des Graslandes, daß die 
in rüstigem Fortschreiten begriffene Manenguba- 
Eisenbahn nicht vor den Toren dieser zukunfts- 
vollen Wirtschaftsgebiete Halt macht. 
Noch einer ganzen Reihe anderer Fragen, 
auf die im einzelnen einzugehen hier unmöglich 
ist, hat die Expedition Aufmerksamkeit geschenkt, 
3. B. den verschiedenen Hausbau= und Siedlungs- 
typen, der Volksverteilung, der Verbreitung der 
Trommelsprache, der Frage der europäischen 
Einwanderung, dem Verkehrswesen, dem Handels- 
einfluß der Duala und Haussa usw. Ihre Er- 
örterung ist, wie die Verarbeitung der sonstigen 
Ergebnisse, einer späteren, umfangreichen Ver- 
öffentlichung vorbehalten, die, wie alle Berichte 
der von der „Landeskundlichen Kommission“ des 
Kolonialamtes veranlaßten Expeditionen, als ein 
Ergänzungsband der „NMitteilungen aus den 
deutschen Schutzgebieten“ erscheinen wird.
	        
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