Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

G 1159 20 
Der Ausbreitung der Baumwollkultur im 
Bezirk Moschi Rechnung tragend, hat der Kom- 
munalverband Moschi beschlossen, in Moschi eine 
Entkörnungsanlage aufzustellen, die mit Wasser- 
kraft betrieben werden soll. 
Von der Vertretung des Komitees in Dares- 
salam wird ferner im Interesse der zahlreichen 
Baumwollpflanzungen an der Morogoro-Eisen- 
bahn die Wiedereinrichtung einer Entkörnungs- 
anlage in Daressalam empfohlen. 
Der Kaufmann Wiegand, der in der Land- 
schaft Nera am Victoriasee seit Jahren Baum- 
wollkultur betreibt und die dortigen Eingeborenen 
zur Baumwollkultur anhält, will es nunmehr 
auch übernehmen, die Pflugkultur in jenen Ge- 
bieten einzuführen. Wiegand, der auf seiner 
eigenen Pflanzung bereits gepflügt und eine Reihe 
von Eingeborenen in der Handhabung des Pfluges 
ausgebildet hat, will zunächst einen Teil der von 
ihm ausgebildeten Leute einer Anzahl von Dorf- 
häuptlingen überweisen, um letztere in der Pflug- 
kultur zu unterrichten. Wiegand hat zur letzten 
Saatzeit 30 000 Pfund Baumwollsaat an Ein- 
geborene gegeben. Bei seiner Bereisung der Ein- 
geborenenkulturen sah er Felder von 3, 4, 5, ja 
sogar 7 und 8 ha mit Baumwolle bepflanzt. 
Im Jahre 1907 wurde bei Wiegand von etwa 
6000 Eingeborenen Baumwolle angeliefert. In 
diesem Jahre haben nach Mitteilungen Wiegands 
etwa 10 000 Eingeborene Baumwolle gepflanzt, 
was einem Areal von 800 ha entsprechen mag. 
Nach Wiegand ist die Baumwollkultur in den 
dortigen Gebieten eingeführt. Die von Wiegand 
eingerichte Entkörnungsanlage besteht aus 28 Hand- 
walzengins, einer Göpelgin und drei Handpressen 
für Ballen von 50 kg. 
In der Nähe des Speakgolfes sind in- 
zwischen weitere Baumwollpflanzungen entstanden, 
und zwar die Pflanzung Köhler mit 30 ha, die 
Pflanzung Brunnhoff mit 100 ha; außerdem 
befaßt sich bekanntlich die französische Mission auf 
der Insel Ukerewe mit Baumwollkultur. 
Über die in der Kolonie etablierten Pflanzungs- 
gesellschaften ist in dem letzten Bericht ausführlich 
berichtet. Der Bericht über den Fortgang der 
sich naturgemäß langsam entwickelnden Pflanzungen 
ist dem Frühjahrsbericht 1909 vorbehalten. Von 
neugegründeten Baumwoll-Pflanzungsgesellschaften 
sind zu nennen die Rufijya-Pflanzungs-Ge- 
sellschaft m. b. H. in. Mturuma am Rufidji und 
Roll C Hürstel Plantage Greiz bei Mohorro. 
* 
. 
Mit der allgemeinen wirtschaftlichen Ent- 
wicklung der Kolonie und insbesondere mit der 
Verbesserung der Verkehrsverhältnisse Schritt 
haltend, beabsichtigt die Baumwoll-Kommission 
  
die Organisation des Baumwollbaues 
weiter auszugestalten: 
1. durch Ausbau der Baumwollschule Panganja 
am Rufidji, 
2. durch Anlage einer Entkörnungsanlage in 
Lindi, . - 
3. durch Vorbereitung einer Versuchspflanzung 
und Entkörnungsanlage in Tabora, 
4. durch Wiedererrichtung einer Entkörnungs— 
anlage in Daressalam an Stelle der nach 
Mohorro überführten, 
5. durch planmäßige Einführung des Pfluges 
bei der eingeborenen Bevölkerung, die in 
folgender Weise gedacht ist: 
a) durch Entsendung von Tropenlandwirten, 
welche die Kolonie fortgesetzt bereisen, 
Propaganda für die Einführung des 
Pfluges machen und die Eingeborenen 
in der Handhabung des Pfluges anlernen 
sollen. Der Pflug soll dem Eingeborenen 
zunächst leihweise gegeben und später 
schenkungsweise überlassen werden, wenn 
er seinen Boden tatsächlich mit dem Pflug 
bearbeitet hat. Je nach den Leistungen 
der Eingeborenen in der Pflugkultur 
sollen Pflugprämien in Geld oder in 
Gebrauchsgegenständen gewährt werden. 
b) durch Einrichtung von Pflugdepots und 
Pflugkulturstationen. Aus den Pflug- 
depots soll Verteilung der Pflüge und 
sonst geeigneter landwirtschaftlicher Ge- 
räte erfolgen. 
6. durch planmäßige Bekämpfung der Baum- 
wollschädlinge durch Anstellung eines Fach- 
mannes am Kaiserlichen Biologisch-Land- 
wirtschaftlichen Institut zu Amani. Diesem 
Fachmann würde die fortgesetzte Bereisung 
der Baumwollpflanzungen obliegen, um an 
Ort und Stelle die Schädlingsfrage zu stu- 
dieren und Material zur sachgemäßen Be- 
kämpfung zu sammeln. Das gesammelte 
Material würde dann im Institut zu Amani, 
dem bekanntlich alle erforderlichen Hilfsmittel 
zur Verfügung stehen, verarbeitet werden. 
Uber die Möglichkeit der Baumwoll-Ein- 
geborenenkultur in Deutsch-Ostafrika ist eine Karte 
„Baumwollbau in Deutsch-Ostafrika“ ver- 
öffentlicht. 
* 
Von Interesse ist die kürzlich aus Amerika 
gemeldete Erfindung einer mechanischen Baum- 
wollpflückmaschine, die ersten kleinen Versuche 
sollen günstig ausgefallen sein, doch liegen Be- 
richte über ein Arbeiten der Maschine im Baum- 
wollfelde noch nicht vor.
	        
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