Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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Weide verursacht enorme Einfriedigungskosten, 
hat überall, wo Dornbüsche sind, eine Schädigung 
der wertvollen Federn zur Folge und läßt die 
junge Brut mit Leichtigkeit dem Leoparden oder 
anderen Räubern anheimfallen. In Luzernen- 
feldern dagegen hält man dauernd zwölf er- 
wachsene Strauße auf nur 1 ha Fläche, die Ein- 
friedigungskosten sind hier minimal, Aufsicht und 
Pflege bequem. Der jährliche Nettoertrag von 
1 ha Luzerne bei Verwertung durch Straußen-= 
zucht wurde in Oudtshoorn, dem klassischen Ge- 
biet der Straußenzucht in der Kapkolonie, auf 
über 1000 Mk. berechnet. Einzelne Farmer 
halten bis zu 500 Strauße. Die jährliche Aus- 
fuhr von Straußenfedern aus der Kapkolonie hat 
einen Wert von über 20 Millionen Mark. 
Bei dem ausgezeichneten Wachstum der Lu- 
zerne in unserem Schutzgebiet bietet sich also auch 
für die Straußenzucht auf geeigneten Flächen 
eine sehr günstige Aussicht. 
Wir wenden uns nun zum eigentlichen 
Norden. Den Nordwesten, das Amboland, haben 
wir bereits als mehr tropisches, zur Besiedlung 
wenig geeignetes Gebiet kennen gelernt. Wie 
sieht's nun im Nordosten aus? 
Machen wir in Gedanken eine kleine Reise 
mit der Otavibahn und verlassen wir das durch 
seine schönen Gartenanlagen in der Flußniederung 
ausgezeichnete Omaruru, so nehmen wir nach 
mehrstündiger Fahrt Veränderungen im Landes- 
charakter wahr. Zwischen den mit immer 
dichteren Grasflächen wechselnden Dornbusch- 
komplexen treten bereits in der Gegend von 
Otjiwarongo — in gleicher Höhe mit dem Water- 
berg — eine Anzahl bisher unbeobachteter immer- 
grüner Laubhölzer auf, die sich allmählich zahl- 
reicher und mannigfacher gestalten. Nach weiterer 
mehrstündiger Fahrt erhebt sich vor uns eine 
breite Gebirgsformation, das Otavigebirge. Wir 
verlassen den Zug in Otavi und befinden uns 
nach viertelstündigem Ritt bereits in dem charakte- 
ristischen Milien des Nordostbezirks. Ein ganz 
heimatliches Bild! Durch den dunklen Schatten 
dichten Tambutiwaldes reiten wir an einem 
rauschenden Waldbach entlang und sehen ober- 
halb üppiger Weizenfelder und Gartenanlagen 
auf einer tiefgrünen erhabenen Matte den etwa 
1100 m hoch gelegenen Ort Otavi, überragt von 
dem malerisch gestalteten Otaviberg, dessen bis 
zum Kamm reichende dunkelgrüne Bewaldung 
sich wirkungsvoll gegen den blauen Himmel ab- 
hebt. Wollen wir nun die Hauptfarmgegend des 
Bezirks aufsuchen, so könnten wir das heute schon 
mit der von Otavi nach Grootfontein abgehenden, 
kürzlich fertiggestellten Zweigbahn. Wenige Kilo- 
meter östlich von Otavi biegt der Zug durch eine 
dichtbewaldete Gebirgspforte in ein schmales, 
  
wiesenartiges Tal ein, welches beiderseits von 
schroffen, mit Hochwald bestandenen und mit 
malerischen Felsgebilden gekrönten Bergketten 
eingesäumt, sich etwa 40 km lang hinzieht und 
mit die herrlichsten Landschaftsbilder bietet, die 
ich bisher gesehen habe. Die hier vorherrschenden 
Bäume, von den Eingeborenen Tambuti genannt, 
bilden an den Hanglagen zum Teil gut geschlossene 
Bestände und werden dadurch, daß sie sich auch 
über die meist äußerst felsigen Kämme und Gipfel 
hinziehen, zu Schutzwaldungen und Feuchtigkeits- 
erhaltern. 
Begehrt sind diese und andere mit ihnen ge- 
mischt stehende Hölzer als Bau= wie als Gruben- 
und Wagnerholz. Die Schonung und Über- 
wachung dieses hier wie in weiten Teilen des 
Bezirks Grootfontein noch vorhandenen Wald- 
kapitals in Verbindung mit dem Anbau rasch- 
wüchsiger, meist subtropischer Nutzhölzer bilden 
eine wesentliche Aufgabe der Regierung. 
Während die Bahn sich bei Guchab nordöst- 
lich in ein neues Gebirgstal wendet, folgen wir 
unserer östlichen Richtung von hier eine halbe 
Stunde weit zu Pferd und gelangen, an einem 
starken Quellbach entlangreitend, zur Farm Riet- 
fontein. Hier haben wir den ausgesprochenen 
Typus der Garten= und Ackerfarm. Weite Mais-= 
bzw. Weizenfelder, Kartoffeläcker, reichlich Frucht 
tragende Pfirsich-, Aprikosen-, Wein= und Maul- 
beeranlagen, Tabakspflanzungen sowie einen 
reichen, mannigfaltigen Gemüse= und Blumen- 
garten, dessen Ränder und Wege mit Eukalypten 
und Oleandern geziert sind. Nach kurzem Auf- 
enthalt erreichen wir die etwa 5 km weit ent- 
fernte Farm Urupupa, welche uns ein ebenso 
heimisches Bild bietet, das durch ein großes, fast 
rittergutähnliches Wohnhaus, geräumige Wirt- 
schaftsräume und Werkstätten, Pferde-, Schweine- 
und Geflügelställe noch erhöht wird. Neben der 
Rindviehzucht ist hier die Zucht von persischen 
Schafen und die Schweinezucht besonders aus- 
sichtsvoll; an Geflügel sind Hühner, Gänse, Enten, 
Truthühner und Tauben vorhanden. Der Obst- 
garten zeichnet sich namentlich durch seine reich- 
tragenden Orangenbäume aus. Nach anderthalb- 
stündigem Weiterritt erreichen wir Uitkomst, die 
Farm des Buren Joubert, eines der alten Buren, 
welche bereits Ende der achtziger, Anfang der 
neunziger Jahre mit ihren Familien und Herden 
das Schutzgebiet durchzogen, den Bezirk Groot- 
fontein alsbald als dessen Dorado erkannten und 
hier die Republik Upingtonia gründeten, welche 
durch die Okkupation auch dieser Landstriche seitens 
des Deutschen Reiches gegenstandslos wurde. Wie 
andere Häupter dieser alten wohlhabenden Buren- 
familien, so ist auch Joubert, eine markante, 
originelle Persönlichkeit, zu der für unser Schutz=
	        
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