Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

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gebiet wirklich nützlichen Klasse von Buren zu 
rechnen, welche zu den später die Mitte und den 
Süden des Landes bevölkernden nomadisierenden 
sog. Treckburen einen erfreulichen Kontrast bilden. 
Freilich bieten auch die besten Burenfarmen ein 
von den prosperierenden deutschen Farmbesitzungen 
grundverschiedenes Bild. Ins tote Kapital wird 
nicht viel gesteckt; in dem engen Haus wohnt 
der Bur mit der meist sehr zahlreichen Familie 
höchst patriarchalisch; erwachsene verheiratete Söhne 
und Schwiegersöhne ziehen es — statt sich einen 
eigenen Farmbesitz zu gründen — gewöhnlich 
vor, sich auf der väterlichen Scholle ein kleines 
Nebenhaus zu bauen, und so gleicht manche 
Burenfarm fast einem kleinen Dorf, belebt von 
zahlreichen Leuten und Kindern aller Alters- 
stufen, die man gewöhnlich abends, wenn das 
Vieh von der Weide kommt und in die Kraals 
eingezählt wird, um den Farmbesitzer, den alten 
Erzvater, versammelt sieht. In den oft aus- 
gedehnten Gärten fehlt vielfach systematische 
Ordnung, so daß Obst= und Gemüsesorten der 
verschiedensten Art oft in kunterbunter Mischung 
durcheinander stehen. Das ganze Dasein vollzieht 
sich in beschaulicher Ruhe und der Grundsatz 
time is money scheint trotz der Wertschätzung 
des letzteren Faktors noch keinem rechten Ver- 
ständnis zu begegnen, wie überhaupt die Kraft 
des Buren mehr in der Beharrlichkeit, als im 
Vorwärtsstreben, mehr im Bewahren, als im 
Produzieren besteht. Immerhin besitzt der Bur 
in seiner Bedürfnislosigkeit, seiner genauen Kennt- 
nis des Viehs und der BViehkrankheiten sowie 
schließlich in seinem großen Talent zur richtigen 
Behandlung der Eingeborenen Eigenschaften, von 
welchen der deutsche Farmer wohl lernen kann. 
Von Uitkomst aus passieren wir eine weite 
steinlose, tiefgründige Grasfläche mit vorzüglichem 
Ackerboden. Am Nordrande derselben liegen die 
Farmen Paviansfontein und Abachobib, letztere 
ausgezeichnet durch ihre Eukalyptenpflanzungen 
und Obstanlagen sowie durch eine bereits auf 
130 ha sich erstreckende Ackerkultur. Jenseit der 
nächsten Bergkette befindet sich das wunderbar 
gelegene Ghaub, die Farm der rheinischen Mission 
mit ihren reichen Maisfeldern, einer bereits recht 
ertragsreichen Bananenpflanzung und zahlreichen 
Mais= und Weizenkulturen der umwohnenden 
Bergdamaras und Buschleute. 
Nach knapp zweistündigem Ritt von Uitkomst 
sehen wir auf dem vor uns liegenden bewaldeten 
Höhenrücken eine Anzahl weißer Gebäude in der 
Sonne leuchten und befinden uns kurz darauf 
in Grootfontein, dem Zentrum des bisherigen 
Farmgebiets. 
Von wirtschaftlichem Interesse sind hier die 
landwirtschaftlichen Versuchsanlagen, welche im 
  
Anschluß an bereits vorgefundene Obstgärten kurz 
nach meiner Übernahme der Bezirksverwaltung 
im Sommer 1906 begonnen wurden: Auf einem 
etwa 10 ha großen eingefriedigten Gelände, 
welches auch den Quellkopf und die Wasserläufe 
vollkommen in sich schloß, wurde nach erfolgter 
Wasserregulierung und Ausbau von zur Be- 
rieselung wie auch zur Fischzucht und zu Bade- 
zwecken geeigneten Teichen zunächst ein größerer 
Forstgarten angelegt; aus ihm sind inzwischen 
schon einige Freipflanzungen hervorgegangen. 
Von den speziell landwirtschaftlichen Anlagen will 
ich nur den erweiterten Anbau von Wein und 
einer großen Anzahl edler Obstsorten erwähnen; 
auch mit den verschiedensten Tabaksorten, gerb- 
stoffhaltigen Pflanzen, dem Olivenbaum und der 
spanischen Korkeiche sowie mit einer Reihe 
exotischer Futterpflanzen wurden Versuche ge- 
macht. Als ein wichtiges Resultat hat sich dabei 
u. a. ergeben, daß unter den Grootfonteiner 
Regenverhältnissen (etwa 600 bis 800 mm) die 
Luzerne auf geeignetem Boden auch ohne künst- 
liche Berieselung vorzüglich gedeihen kann. Das 
gleiche Resultat ergab sich für die Baumwollstaude, 
deren von Togo eingeführte Saat auf verschiedenen 
Flächen zu verschiedenen Zeiten zur Aussaat ge- 
langte und teils bewässert, teils unbewässert ge- 
lassen wurde. Die zunächst in kleiner, später in 
größerer Quantität gewonnenen und nach Deutsch- 
land gesandten Produkte fanden sowohl seitens 
der Bremer Baumwollbörse wie seitens der 
Chemnitzer Aktienspinnerei eine ausgesprochen 
günstige Beurteilung.“) 
In der nördlich sich hinziehenden Hügelland- 
schaft wie auch auf der südlich nach dem Großen 
Fluß sich ausbreitenden Fläche, über welche das 
Auge des Beschauers von der Grootfonteiner 
Höhe aus wie über den Ozean frei hinweg- 
schweift, um erst am äußersten Horizont in dem 
langgedehnten Palmenwald von Otjituo und 
Otiomaware einen Ruhepunkt zu finden — in 
dieser ganzen Gegend befinden sich eine große 
Anzahl jetzt meist von Deutschen bewirtschafteter 
Farmen, welche in Viehzucht wie Ackerbau eine 
sehr gute Zukunft verheißen und dem Besucher 
jetzt schon Wirtschaftsbilder bieten, die er in den 
übrigen Teilen des Landes vergebens suchen wird. 
Verlassen wir Grootfontein, die Perle Süd- 
Wests, und wenden wir uns wieder unserer all- 
gemeinen Betrachtung zu, so können wir rück- 
blickend das Gesagte folgendermaßen zusammen- 
fassen: 
Die ländliche Besiedlung in der Mitte und 
  
  
) Über Baumwollkultureni in Deutsch. Süd- 
westafrika bvgl. „Deutsches Kol. Bl.“ Nr. 
Seite 31 und Nr. 6 Seite 294. Die ed
	        
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