854
geborene Arbeiter gelandet, welche dazu bestimmt
sind, eine Pflanzung anzulegen. Die Zeit während
der Landung der Passagiere und Güter benutzte
ich zu einem Besuch in dem auf der westlichen
Hälfte der Insel gelegenen Eingeborenendorf.
Auf Veranlassung des Häuptlings wurde von
etwa 30 Kriegern der bekannte Kriegstanz der
Admiralitäts-Insulaner vorgeführt, bei dem die
Tänzer als einziges Kleidungsstück eine Muschel
tragen. Drei kräftige Burschen gingen als Re-
kruten für die Polizeitruppe mit an Bord.
Nachmittags trafen wir vor der Station Noru
der Firma Hernsheim & Co. ein. Von hier
aus mußte die Bestrafung der Usiai in die Wege
geleitet werden, welche den Kutter „Waikatu“ im
Hintergrund der Shallow-Bai weggenommen und,
wie bemerkt, vier Mann der schwarzen Besatzung
ermordet hatten. Meine Absicht war, durch eine
Expedition im Hinterland der Shallow-Bai den
Aufenthalt der Usiai zu ermitteln, wenn möglich
sofort, bevor sie sich und ihre Habe in Sicherheit
bringen konnten, einen Schlag gegen sie zu
führen, dann an einem geeignet erscheinenden
Platz der Hauptinsel 40 Mann Polizeitruppe zur
weiteren Verfolgung der übeltäter zurückzulassen
und die Truppe auf der Rückreise von Eitapé
(Kaiser Wilhelmsland) wieder an Bord zu nehmen.
Ich sicherte mir einige Eingeborene von der In-
sel Harungan als Führer; außerdem erbot sich
der Leiter der Station Noru, Kaufmann Hans
Schmidt, als Führer mitzugehen.
Am anderen Morgen verließ die Expedition
in drei Ruderbooten den „Seestern“. Bald ver-
riet das Dröhnen der Signaltrommeln, daß die
Bewohner der Insel Sori uns beobachteten und
die Usiai warnen wollten. Bei Tagesanbruch
erreichten wir die Stelle im Hintergrund der
Shallow-Bai, wo an einer mit Mangroven um-
gebenen Flußmündung eine kleine rote Flagge
im flachen Wasser den Ort kenntlich machte, an
welchem der Überfall auf den Kutter stattgefunden
hatte. Nach einstündiger Fahrt den kreekartigen
Fluß aufswärts hinderten schwere Verhaue das
weitere Vordringen. In zweistündiger Arbeit
wurden die Verhaue überwunden und ein kleines
Flußbecken erreicht, das offenbar den Usiai bisher
als Kanu-Landungsstelle diente. Ein Pfad führte
von dort nach den ersten Hütten des verlassenen
Usiai-Dorfes Lindoch. Die Arbeiter von Noru
hatten in dem Flußbecken den geraubten Kutter
und in den Häusern des Dorfes Ausrüstungs-
gegenstände sowie Schädel und Knochen der er-
schlagenen und aufgefressenen Mannschaft vor-
gefunden. Es konnte also kein Zweifel darüber
bestehen, daß die Bewohner dieses Dorfes die
Übeltäter waren. Die Mehrzahl der Häuser war
offenbar schon vor längerer Zeit von den Be-
wohnern selbst niedergebrannt worden. Ein auf
einem Höhenrücken nach Süden führender Pfad
zeigte die Richtung, in welcher die Dorfbewohner
abgezogen sein mußten.
Nach längerem Marsch über Hügel und durch
Sagosümpfe wurde auch richtig die neue Nieder-
lassung der Usiai erreicht. Sie hatten drei durch
einen Höhenrücken verbundene Bergkuppen rings-
um auf 100 m abgeholzt und begonnen, die
Kuppen selbst mit einem etwa 3 m hohen festen
Palisadenzaun zu umgeben. Hinter den fertigen
Teilen des Palisadenzaunes war der Boden mit
spitzen Bambusstücken als Fußangeln gespickt.
Die auf den drei Kuppen zerstreuten provisorischen
Hütten waren bereits geräumt. Einige Männer
standen auf Wache und verschwanden nach dem
ersten Schuß jenseit des Abhanges.
Herr Hans Schmidt war bei dem letzten
Ansturm, obwohl ich ihn kurz vorher aufgefordert
hatte, nicht zurückzubleiben, mit einigen Harungan-
Leuten etwa 200 Schritt zurückgeblieben. Ein
plötzliches furchtbares Geschrei der Harungan-Leute
veranlaßte uns zurückzugehen. Wir fanden
Schmidt, nicht weit von dem Austritt des Pfades
in die Lichtung, schwer verwundet am Boden
liegen. Er war mit einem Speer von hinten
unterhalb des Schulterblattes getroffen. Augen-
scheinlich war der Speer in die Lunge gedrungen.
Ich mußte unter diesen Umständen die weitere
Verfolgung der Usiai abbrechen. Der Schwer-
verwundete wurde auf eine Bahre geladen. In
Lindoch am Flußufer schlug die Truppe ein
Lager auf, um am nächsten Tage die Verfolgung
der Usiai wieder aufzunehmen. Ich brachte den
Verwundeten an Bord des „Seestern“ und ging
sofort nach Friedrich-Wilhelmshafen in See.
Dort wurde der Verwundete am 23. in das
Krankenhaus eingeliefert, das er — nach ander-
weitiger Mitteilung — entgegen dem Anraten
des Arztes schon am 5. Mai wieder verließ, um
sich nach Matupi zu begeben.
Nach kurzem Besuch in Eitapé (Kaiser
Wilhelmsland) traf der „Seestern“ am 28. April
wieder vor Noru ein. Auf Grund der Aus-
sagen der Eingeborenen von Harungan und
Ponam, ferner auf Grund derjenigen des zur
Zeit in Noru stationierten Landmessers und eines
Japaners konnte ich über die näheren Umstände
der Wegnahme des Kutters „Waikatu“ folgendes
feststellen:
Die Arbeiter auf den fünf Hernsheimschen
Stationen in den Admiralitäts-Inseln werden
fast ausschließlich mit Saksak, dem von den Ein-
geborenen aus der einheimischen Sagopalme ge-
wonnenen Sago, verpflegt. Da die Eingeborenen