Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIX. Jahrgang, 1908. (19)

G. 855 2O 
nicht genügend Saksak auf die Stationen bringen, 
müssen fortgesetzt Kutter zum Einhandeln von 
Sago ausgesandt werden. Es scheint dabei 
häufig zu Übergriffen der mit Karabinern be- 
waffneten Kuttermannschaften gegenüber den 
Eingeborenen zu kommen. So soll die ermordete 
Mannschaft des Kutters „Waikatu“ einen Ein- 
geborenen von der Insel Sori mißhandelt haben. 
Die Sori-Leute getrauten sich nicht, selbst an der 
Besatzung der „Waikatu“ Rache zu nehmen, 
wohl deshalb, weil ihre kleine Insel der zu er- 
wartenden Strafexpedition offen preisgegeben 
wäre. Sie sollen deshalb die zu ihnen in einer 
Art Hörigkeitsverhältmis stehenden Usiai von 
Lindoch veranlaßt haben, die Kutterbesatzung 
der „Waikatu“ niederzumachen. Ein Ein- 
geborener von Sori soll bei der Ermordung der 
Leute direkt mitgewirkt und die in ein Segel 
eingewickelte Leiche eines Erschlagenen zum Ver- 
speisen nach Sori gebracht haben. Käörperteile 
der übrigen Erschlagenen sollen an verschiedene 
Usiai-Dörfer auf der Hauptinsel östlich von Shallow- 
Bai geliefert worden sein. Über eine von anderer 
Seite behauptete Beteiligung der Manus aus 
dem Dorfe Lala' 
insel, konnte ich nichts weiter ermitteln, als daß 
die Lala-Leute bald nach dem lberfall die Boots- 
flagge der „Waikatu“ auf einem ihrer Segelkanus 
geführt hätten. 
Als der „Seestern“ am 28. April in Sicht 
kam, gingen nach Aussage jenes Landmessers 
46 Kanus von Sori ostwärts unter Segel. Um 
mich von der Richtigkeit dieser Angaben zu 
überzeugen, fuhr ich zunächst mit Boot nach der 
Insel Sori. Bei Annäherung des Bootes setzte 
an der Ostspitze von Sori ein Kanu mit drei 
Insassen ab; darunter befand sich der Häuptling 
Rosso. Er wurde von jenem Japaner Komini, 
der von Ponam herankam, abgefangen. Auf der 
Insel Sori, die von 600 Menschen bewohnt sein 
soll, wurden nur vier alte Leute vorgefunden. 
Der Häuptling Rosso konnte einen Grund, warum 
seine Leute diesmal vor dem „Seestern“ aus- 
gerissen waren, nicht angeben. Ich hielt die 
Beteiligung der Sori-Leute an dem Überfall auf 
die „Waikatu“ für hinreichend erwiesen, ließ das 
Dorf niederbrennen und nahm Nosso als Ge- 
fangenen mit. 
Am nächsten Morgen brach ich in zwei 
Booten nach Lindoch auf. Die Truppe hatte 
in der Zwischenzeit das befestigte Lager der Usiai, 
in dessen Nähe Hans Schmidt verwundet wor- 
den war, nochmals aufgesucht und zerstört, ferner 
in einem Kreek in der Nähe des Lagers der 
Truppe einige Kanus weggenommen, ohne einen 
Eingeborenen zu Gesicht zu bekommen. Weitere 
an der Südküste der Haupt- 
  
Unternehmungen waren wegen fortgesetzten Regens 
unmöglich. 
Am 30. April streifte ich mit drei Booten die 
Nordküste der Hauptinsel östlich von der Shallow- 
Bai ab, wo nach Angabe der Eingeborenen von 
Harungan die Leute von Sori zusammen mit 
einem Teil der Usiai von Lindoch sich verborgen 
hielten und in der Nacht Wachtfeuer sichtbar ge- 
worden waren. In der auf der englischen 
Admiralitätskarte Boat-Cove genannten Bucht 
und auf der Insel Savorsa (Richards-Island 
der englischen Karte) wurden auch viele proviso- 
rische Hütten mit Vorräten zerstört. Ich fuhr 
auch den der Insel Savorsa gegenüber münden- 
den breiten Fluß eine Stunde lang aufwärts, bis 
die über den Fluß liegenden Baumstämme die 
Gewißheit gaben, daß Kanus sich dorthin nicht 
geflüchtet haben konnten. Eingeborene wurden 
nicht wahrgenommen. 
Am Abend ging der „Seestern“ nach Komuli 
in See. Der dortige Händler Oskar Schmidt 
trug in bezug auf seine persönliche Sicherheit 
nicht mehr die frühere Zuversicht zur Schau. 
Ich hatte bereits gelegentlich einer Reise im No- 
vember vorigen Jahres erfahren, daß die im 
Jahre 1900 nach Ermordung des Händlers 
Mätzke durch eine Strafexpedition des „Seeadler" 
vertriebenen Manus von Mok-Mandrian dort- 
hin zurückgekehrt seien. Vor einigen Wochen 
wurde nun Oskar Schmidt durch die Eingeborenen 
von Poam gewarnt; die Mok-Mandrian-Leute 
beabsichtigten, ihn und seine Frau zu ermorden. 
Sie nannten die Namen der Mok-Leute, welche 
dazu bestimmt waren, über ihn und seine Frau 
herzufallen. Die Mol-Leute kamen auch wirklich 
einige Zeit darauf in mehreren Kanus mit wenigen 
Handelswaren an die Station. Als sie sahen, 
daß Schmidt auf seiner Hut und eines Überfalls 
gewärtig sei, fragten sie ihn, wer ihn ge- 
warnt habe, und zogen wieder ab. Nach Angabe 
von Oskar Schmidt waren die Attentäter schon 
seit vierzehn Tagen wieder von Mok-Mandrian 
nach der Hauptinsel, nach dem Manus-Dorfe 
Batussi — demselben Dorfe, das von mir im 
November v. Is. wegen Feindseligkeiten gegen 
Loniu niedergebrannt worden war’) — über- 
gesiedelt. Von der Station Buke hatte Oskar 
Schmidt seit längerer Zeit keine Nachricht. Ich 
segelte nach Poam, um über die Mok-Leute weitere 
Erkundungen einzuziehen. Der mir von früheren 
Besuchen bekannte Häuptling Kalanges begegnete 
mir im Kanu halbwegs und stieg zu mir ins 
Boot. Er zeigte mir die sauberen und stattlichen 
Niederlassungen auf Poam-Mandrian. Wir 
tauschten Geschenke aus. Er erbot sich, bei einem 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1908, Nr. 13. S. 624
	        
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