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abgesehen von Fällen, in denen das eingesandte
Material wahrscheinlich infolge sorgloser Behand-
lung bei der Gewinnung und dem Versand in
verdorbenem Zustand zur Untersuchung kam —“)
zum Teil darin fanden, daß nicht in jedem Falle
die Rinde einer und derselben Pflanzenart ein-
gesandt worden war. Die in der Folge, nament-
lich auf Veranlassung des Kaiserlichen Gouverne=
ments von Deutsch -Ostafrika vorgenommenen
Prüfungen weiterer Mangroverindenmuster“.) ha-
ben denn auch ergeben, daß nur einzelne dieser
zur sogenannten „östlichen Mangrove"“ gehörenden
Arten eine zur Gerbstoffgewinnung verwendbare
Rinde besitzen, nämlich: Rhizophora mucro-
nata, Bruguiera gymnorrhiza, Ceriops
Candolleana, Nylocarpus granatum und
X. obovatus, während die übrigen, wie Avi-
cennia offiein alis und Sonneratia caseo-
laris, für genannten Zweck nicht in Betracht
kommen können. Die Untersuchung hat aber
ferner gezeigt, daß der Gerbstoffgehalt der
Rinde bei einer und derselben Mangrove-
art immerhin noch beträchtlichen Schwan-
kungen unterliegt. Man durfte vermuten, daß
hierfür ähnliche Faktoren maßgebend seien, wie
sie für die heimische Eichenrinde festgestellt worden
sind. Eine baldige Klärung dieser Frage wäre
jedenfalls von Wichtigkeit gewesen, denn für die
rasche Einbürgerung der Mangroverinde auf dem
europäischen Gerbstoffmarkte, der eine möglichst
gleichmäßige Qualität des Produkts verlangt,
bildete, wie sich bald darauf zeigte, die Ver-
schiedenheit ihres Gerbstoffgehalts zunächst ein
wesentliches Hindernis.
Leider sollte dies nicht die einzige Schwierig-
keit bleiben, und darin liegt wohl auch der Grund,
warum die chemischen und technischen Prüfungen
von Mangroverinde damals nicht mit der er-
forderlichen Konsequenz fortgesetzt worden sind.
Es hat sich nämlich in der Praxis herausgestellt,
daß die Mangroverinde trotz ihres verhältuis-
mäßig hohen Gerbstoffgehalts anderen, in der
Gerberei verwendeten hochprozentigen Gerbmate-
rialien nicht an die Seite gestellt werden kann,
weil sie gewisse, den letzteren zukommende
Eigenschaften nur zum Teil besitzt, dafür aber
anderseits auch Nachteile aufweist. Bei den ver-
schiedenen Gerbversuchen, in denen Mangrove-
rinde ausschließlich zur Verwendung kam,
zeigte diese zwar eine ausreichende Gerbwirkung,
jedoch war das fertige Leder von weicher, fast
schwammiger Beschaffenheit, was die Verwendung
des Gerbmittels in der Unterledergerberei, we-
"*) Hierunter wären zu rechnen: die Proben Nr. 11
bis 21 auf Tabelle I.
N „
#
Zusammengestellt auf Tabelle I.
nigstens ohne erheblichen Zusatz von anderen
Gerbmaterialien, ausschließt. Auch trat in mehreren
Fällen ein Totgerben der Haut ein, dadurch ver-
ursacht, daß der Mangrovegerbstoff allzuleicht,
schon bei gewöhnlicher Temperatur, in Lösung
übergeht und dabei zu energisch auf die Haut
einwirkt. In der Praxis fällt dieser Nachteil
allerdings deshalb weniger ins Gewicht, weil die
im ersten Stadium des Gerbprozesses verwendeten
Gerbmaterialien mit gebrauchten Brühen versetzt
zu werden pflegen. Jedesmal übertrug sich je-
doch der in der Mangroverinde enthaltene rote
Farbstoff auf das Leder; dieses erhielt da-
durch eine intensiv rote Farbe, ähnlich derjenigen
des amerikanischen Hemlokleders, einer Lederfarbe,
die im europäischen Lederhandel nicht beliebt ist.
Damit war bis auf weiteres erwiesen, daß die
Mangroverinde als Gerbmittel in der europäischen
Gerberei für sich allein in größerem Umfange
keine Verwendung finden kann. Die weitgehenden
Erwartungen, die in Deutschland anfänglich auf
dieses neue Gerbmaterial gesetzt wurden, haben
sich sonach nicht verwirklicht. Indessen gaben die
verschiedenen Handelsfirmen, die sich auf das
Mangroverindengeschäft geworfen hatten, die Hoff-
nung, schließlich doch noch eine Verwertungs-
möglichkeit für dieses Gerbmittel zu finden, er-
freulicherweise nicht auf; es wurden auf ihre
Veranlassung zu dem Zweck zahlreiche chemische
und technische Prüfungen von Mangroverinden
vorgenommen.
Das größte Hindernis für die Einbürgerung
der Mangroverinde in den europäischen Gerbereien
bildete die erwähnte Rotfärbung des Leders.
Man hoffte nun den in der Mangroverinde ent-
haltenen roten Farbstoff auf chemischem Wege
entfernen zu können. Ein genaueres Studium
der Natur dieses Farbstoffs ergab jedoch, daß
er einen integrierenden Bestandteil des Mangrove-
gerbstoffs bildet, und zwar derart, daß der größte
Teil des Gerbstoffs gefärbt, nur ein unbedentender
dagegen farblos ist, weshalb auch eine mechanische
Trennung dieser beiden Gerbstoffkategorien zur
ausschließlichen Verwendung der ungefärbten zweck-
los erschien. Denn dabei hätte man auf den
größten Teil des Gerbstoffs verzichten müssen.
Die Isolierung des Farbstoffs aus den gefärbten
Gerbstoffen gelang aber mit den bis dahin be-
kannten Mitteln nicht. Dagegen wurde dem in
Rede stehenden wie auch den anderen weiter
oben angeführten Mängeln durch geeignete Kom-
bination mit anderen Gerbmaterialien, insbesondere
mit Myrobalanen und Divi-Divi, bis zu einem
gewissen Grade abgeholfen. Dadurch konnte der
Mangroverinde, allerdings nur in beschränktem
Maße in der Oberledergerberei, Eingang ver-
schafft werden.