Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

W 306 25 
abgesehen von Fällen, in denen das eingesandte 
Material wahrscheinlich infolge sorgloser Behand- 
lung bei der Gewinnung und dem Versand in 
verdorbenem Zustand zur Untersuchung kam —“) 
zum Teil darin fanden, daß nicht in jedem Falle 
die Rinde einer und derselben Pflanzenart ein- 
gesandt worden war. Die in der Folge, nament- 
lich auf Veranlassung des Kaiserlichen Gouverne= 
ments von Deutsch -Ostafrika vorgenommenen 
Prüfungen weiterer Mangroverindenmuster“.) ha- 
ben denn auch ergeben, daß nur einzelne dieser 
zur sogenannten „östlichen Mangrove"“ gehörenden 
Arten eine zur Gerbstoffgewinnung verwendbare 
Rinde besitzen, nämlich: Rhizophora mucro- 
nata, Bruguiera gymnorrhiza, Ceriops 
Candolleana, Nylocarpus granatum und 
X. obovatus, während die übrigen, wie Avi- 
cennia offiein alis und Sonneratia caseo- 
laris, für genannten Zweck nicht in Betracht 
kommen können. Die Untersuchung hat aber 
ferner gezeigt, daß der Gerbstoffgehalt der 
Rinde bei einer und derselben Mangrove- 
art immerhin noch beträchtlichen Schwan- 
kungen unterliegt. Man durfte vermuten, daß 
hierfür ähnliche Faktoren maßgebend seien, wie 
sie für die heimische Eichenrinde festgestellt worden 
sind. Eine baldige Klärung dieser Frage wäre 
jedenfalls von Wichtigkeit gewesen, denn für die 
rasche Einbürgerung der Mangroverinde auf dem 
europäischen Gerbstoffmarkte, der eine möglichst 
gleichmäßige Qualität des Produkts verlangt, 
bildete, wie sich bald darauf zeigte, die Ver- 
schiedenheit ihres Gerbstoffgehalts zunächst ein 
wesentliches Hindernis. 
Leider sollte dies nicht die einzige Schwierig- 
keit bleiben, und darin liegt wohl auch der Grund, 
warum die chemischen und technischen Prüfungen 
von Mangroverinde damals nicht mit der er- 
forderlichen Konsequenz fortgesetzt worden sind. 
Es hat sich nämlich in der Praxis herausgestellt, 
daß die Mangroverinde trotz ihres verhältuis- 
mäßig hohen Gerbstoffgehalts anderen, in der 
Gerberei verwendeten hochprozentigen Gerbmate- 
rialien nicht an die Seite gestellt werden kann, 
weil sie gewisse, den letzteren zukommende 
Eigenschaften nur zum Teil besitzt, dafür aber 
anderseits auch Nachteile aufweist. Bei den ver- 
schiedenen Gerbversuchen, in denen Mangrove- 
rinde ausschließlich zur Verwendung kam, 
zeigte diese zwar eine ausreichende Gerbwirkung, 
jedoch war das fertige Leder von weicher, fast 
schwammiger Beschaffenheit, was die Verwendung 
des Gerbmittels in der Unterledergerberei, we- 
"*) Hierunter wären zu rechnen: die Proben Nr. 11 
bis 21 auf Tabelle I. 
N „ 
# 
Zusammengestellt auf Tabelle I. 
  
nigstens ohne erheblichen Zusatz von anderen 
Gerbmaterialien, ausschließt. Auch trat in mehreren 
Fällen ein Totgerben der Haut ein, dadurch ver- 
ursacht, daß der Mangrovegerbstoff allzuleicht, 
schon bei gewöhnlicher Temperatur, in Lösung 
übergeht und dabei zu energisch auf die Haut 
einwirkt. In der Praxis fällt dieser Nachteil 
allerdings deshalb weniger ins Gewicht, weil die 
im ersten Stadium des Gerbprozesses verwendeten 
Gerbmaterialien mit gebrauchten Brühen versetzt 
zu werden pflegen. Jedesmal übertrug sich je- 
doch der in der Mangroverinde enthaltene rote 
Farbstoff auf das Leder; dieses erhielt da- 
durch eine intensiv rote Farbe, ähnlich derjenigen 
des amerikanischen Hemlokleders, einer Lederfarbe, 
die im europäischen Lederhandel nicht beliebt ist. 
Damit war bis auf weiteres erwiesen, daß die 
Mangroverinde als Gerbmittel in der europäischen 
Gerberei für sich allein in größerem Umfange 
keine Verwendung finden kann. Die weitgehenden 
Erwartungen, die in Deutschland anfänglich auf 
dieses neue Gerbmaterial gesetzt wurden, haben 
sich sonach nicht verwirklicht. Indessen gaben die 
verschiedenen Handelsfirmen, die sich auf das 
Mangroverindengeschäft geworfen hatten, die Hoff- 
nung, schließlich doch noch eine Verwertungs- 
möglichkeit für dieses Gerbmittel zu finden, er- 
freulicherweise nicht auf; es wurden auf ihre 
Veranlassung zu dem Zweck zahlreiche chemische 
und technische Prüfungen von Mangroverinden 
vorgenommen. 
Das größte Hindernis für die Einbürgerung 
der Mangroverinde in den europäischen Gerbereien 
bildete die erwähnte Rotfärbung des Leders. 
Man hoffte nun den in der Mangroverinde ent- 
haltenen roten Farbstoff auf chemischem Wege 
entfernen zu können. Ein genaueres Studium 
der Natur dieses Farbstoffs ergab jedoch, daß 
er einen integrierenden Bestandteil des Mangrove- 
gerbstoffs bildet, und zwar derart, daß der größte 
Teil des Gerbstoffs gefärbt, nur ein unbedentender 
dagegen farblos ist, weshalb auch eine mechanische 
Trennung dieser beiden Gerbstoffkategorien zur 
ausschließlichen Verwendung der ungefärbten zweck- 
los erschien. Denn dabei hätte man auf den 
größten Teil des Gerbstoffs verzichten müssen. 
Die Isolierung des Farbstoffs aus den gefärbten 
Gerbstoffen gelang aber mit den bis dahin be- 
kannten Mitteln nicht. Dagegen wurde dem in 
Rede stehenden wie auch den anderen weiter 
oben angeführten Mängeln durch geeignete Kom- 
bination mit anderen Gerbmaterialien, insbesondere 
mit Myrobalanen und Divi-Divi, bis zu einem 
gewissen Grade abgeholfen. Dadurch konnte der 
Mangroverinde, allerdings nur in beschränktem 
Maße in der Oberledergerberei, Eingang ver- 
schafft werden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.